Wenn Wolfgang Limmer aus den Fenstern seines Hauses in Irland schaut, dann sieht er auf der einen Seite das Meer und auf der anderen die sanften grünen Hügel von Galway. „Eine Landschaft, die mich zutiefst beruhigt, mit einem Himmel, der mich jeden Tag aufs Neue fasziniert“, sagt der Münchner Drehbuchautor. Man merkt, dass die Natur ihm Kraft gibt. Kraft für einen Kampf, den er seit vier Jahren führt. 2013 stürzte Limmer schwer und landete im Rollstuhl. Seine Gefühle und Erfahrungen hat der 71-Jährige ins Drehbuch des Dramas „Ein Sommer im Allgäu“ einfließen lassen. An diesem Sonntag zeigt das ZDF den Film um 20.15 Uhr in seiner „Herzkino“-Reihe. Limmer erzählt darin die Geschichte einer jungen Leistungssportlerin, die nach einem schicksalhaften Unfall den Weg zurück ins Leben sucht und ihn in ihrer Heimat findet.
Eigentlich wollte Extremkletterin Bärbel Leitner (Jennifer Ulrich) die fast schon kitschige Alpenidylle ihrer Kindheit hinter sich lassen. Doch nach einem schweren Sturz liefert sie ihr Lebensgefährte samt Rollstuhl bei ihren Eltern(gespielt von Michaela May und Herbert Knaup) im Allgäu ab. Mutters Kasspatzn und Vaters Fürsorge sollen die zierliche Frau, die täglich willensstark trainiert, wieder auf die Beine bringen. Kein leichtes Unterfangen – schließlich ist das Leben auch ohne schwere Verletzung eine Berg- und Talfahrt.
„Die Versuchung, mit dem eigenen Schicksal zu hadern, ist groß. Aber das bringt ja nichts“, sagt Wolfgang Limmer im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Moment, in dem er mit zu glatten Segelschuhen die Treppe zu Hause in München hinabstürzte, lässt sich nicht ungeschehen machen. Zehn Tage lang lag der Journalist und Autor („Polizeiruf 110“, „Heimatgeschichten“, „Pfarrer Braun“) nach dem Unfall im künstlichen Koma. „Als ich aufwachte, war ich ein willenloses, hilfloses Stück Fleisch.“ Arme und Beine ließen sich nicht mehr bewegen, sogar das Sprechen kam erst allmählich zurück. „Mein Glück war, dass die Nerven nicht gerissen, sondern nur gestaucht waren.“
Wie Bärbel im Film musste sich auch Limmer durch tägliches Training seine Beweglichkeit zurückerobern. Schon früh erklärten ihm die Ärzte, dass seine Genesung mit der Besteigung des Everest vergleichbar sei. „Die Mediziner wollten wissen, ob ich zu all den Mühen bereit bin. Da habe ich nur genickt.“ Es ist die Hoffnung, die den Drehbuchautor bis heute zu immer neuen Anstrengungen beflügelt, und die Familie, die ihn in schweren Zeiten stützt. Einen guten Teil des Weges hat er geschafft: „Meine Arme sind wie früher, auch mein Rumpf fühlt sich gut an – nur die Beine machen noch nicht so richtig mit“, sagt Limmer, der in Irland täglich trainiert. In seiner Wahlheimat ist auch das Drehbuch zum ZDF-Melodram entstanden. „Nach dem Unfall hatte ich lange keine Lust zu schreiben, aber dann habe ich gemerkt, dass es mir hilft, mich wieder mit neuen Geschichten zu beschäftigen.“
„Ein Sommer im Allgäu“ ist das erste Buch, das seit seinem fatalen Sturz verfilmt wurde. Es zieht seine Stärke zweifellos aus der Glaubwürdigkeit und den Gefühlen, mit denen Limmer seine Titelheldin ausstattet. „Sicherlich steckt viel Autobiografisches in den Zuständen, in denen Bärbel sich befindet. Wobei ich ihr eine größere Ungeduld gegeben habe, als ich sie mir selbst zugestehe“, lacht er: „Ich muss schließlich noch länger als 90 Minuten durchhalten.“