Viele nennen sie verächtlich „Quasselrunden“, in denen immer dieselben Politiker zu immer denselben Fragen ihre längst allgemein bekannten Antworten geben. Dennoch erzielen die Polittalkshows im deutschen Fernsehen nach wie vor ordentliche bis gute Einschaltquoten. Dank diskussionswürdiger Ereignisse wie der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA und der Bundestagswahl samt vorausgehendem Wahlkampf und anschließenden Sondierungsgesprächen gingen den Redaktionen im zu Ende gehenden Jahr die Themen nicht aus. Manche Sendungen gewannen Zuschauer hinzu, manche verloren Publikum. Eine Bilanz.
„Anne Will“
Die Talksendung nach dem Sonntagskrimi im Ersten gehört zu den Siegern der Saison Das Format mit Namensgeberin Anne Will (51) ist ein Quotenbringer und hat heuer an Zuschauerinteresse gewonnen. Im Durchschnitt verfolgten 4,11 Millionen Menschen den Live-Talk, ein Plus von 160 000 im Vergleich zu 2016. Entsprechend ist der Marktanteil nach Angaben des verantwortlichen Norddeutschen Rundfunks (NDR) gestiegen, von 13,8 auf 14,5 Prozent. Wills letzte Sendung für dieses Jahr war am vergangenen Sonntag (10. Dezember) zu sehen, nun ist erst mal Pause. Die nach Zuschauerzahlen erfolgreichste Ausgabe dieses Jahres war die vom 3. September, als 7,46 Millionen Menschen direkt nach dem Kanzlerkandidatenduell zwischen Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) einschalteten. Am Wahlabend selbst (24. September) schauten 6,39 Millionen zu (20,3 Prozent). „Trump im Amt – Verändert das die Weltordnung?“ am 22. Januar landete mit 4,72 Millionen Zuschauern (15,4 Prozent) im Jahresranking auf Platz drei.
„Hart aber fair“
Die vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produzierte Live-Sendung am Montagabend im Ersten (letzte Ausgabe: gestern Abend) hatte im Schnitt 3,05 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 10,2 Prozent. Das ist etwas weniger als im Jahr davor, als Gastgeber Frank Plasberg (60) auf durchschnittlich 3,12 Millionen (10,4 Prozent) gekommen war. Das größte Interesse gab es in diesem Jahr direkt vor der Bundestagswahl am 18. September (4,87 Millionen Zuschauer, 17,7 Prozent Marktanteil) und am Tag danach, am 25.September (4,16 Millionen, 13,8 Prozent). Nur ein weiteres Mal schaffte es Plasberg über die Vier-Millionen-Marke, und zwar am 11. September mit dem Thema „Der Bürgercheck zur Wahl“ (4,10 Millionen, 15,1 Prozent).
„Maybrit Illner“
Der ZDF-Polittalk am späten Donnerstagabend (letzte Sendung: 14. Dezember) hat heuer deutlich zugelegt und die besten Einschaltquoten seit 2003 erzielt. Nach ZDF-Angaben erreichte Illner im Schnitt 2,8 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 13,5 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 2,65 Millionen Zuschauer und 12,4 Prozent Marktanteil. „Für das ZDF ein höchst erfreulicher Befund“, erklärt dazu ZDF-Chefredakteur Peter Frey. Zu den erfolgreichsten Ausgaben zählten die Sendungen vom 23. März zu „Türken in Deutschland – Spaltet Erdogan das Land?“ mit 3,27 Millionen Zuschauern (Marktanteil: 16,4 Prozent) und „Trump macht ernst – Ist dieser Präsident zu stoppen?“ vom 9. Februar mit 3,48 Millionen Zuschauern (15,3 Prozent). Mit der Sendung „Wenn vier sich streiten – Mit Jamaika in die Zukunft?“ vom 28. September erreichte die 52-Jährige 3,14 Millionen Zuschauer (15,3 Prozent).
„Maischberger“
Etwas verloren hat die ebenfalls vom WDR verantwortete Talkrunde am späteren Mittwochabend im Ersten. Sie hatte im Schnitt 1,51 Millionen Zuschauer (10,4 Prozent), im Jahr davor waren es noch 1,66 Millionen (10,3 Prozent). Am meisten Resonanz hatte Gastgeberin Sandra Maischberger (51) am 8. November mit einer Sendung zu „Sexuelle Nötigung, Lügen, Vorurteile – Männer unter Generalverdacht?“. Dazu schalteten 3,53 Millionen Menschen ein (13 Prozent). Kurz nach der Bundestagswahl am 27. September waren es bei „Wutwahl gegen Merkel & Co.“ immerhin 2,42 Millionen (15,7 Prozent) und am 21. November beim Thema „Chaos in Berlin – Regierung verzweifelt gesucht!“ 2,4 Millionen (14,8 Prozent).