Eurosport hat das Spektakel, ARD und ZDF haben die Zuschauer – das ist die erste Bilanz des Olympia-Fernsehens im Jahr 2018. Obwohl der neue offizielle Olympia-Sender einen Aufwand betreibt, der an eine Invasion der USA in Liechtenstein erinnert, oder an die Nasa auf dem Weg zum Mars, bleiben die Wintersportfans ihren vertrauten Sendern treu. Wenn also in der ARD Arnd Peiffer Gold im Biathlon holt, schauen 7,5 Millionen zu. Beim Rodeln mit Felix Loch verlieren sich ganze 660 000 auf Eurosport. Was aber nichts daran ändert, dass Eurosport den deutschen Sportfans erstmals zeigt, wie das Olympia-Fernsehen der Zukunft aussieht.
Das liegt allein schon an der Technik, die das neue „Home of the Olympics“ auffährt. Drei Fernsehsender und bis zu 18 Videostreams sind gleichzeitig aus Südkorea zu sehen. Damit lässt sich prächtig jonglieren. Wenn zwei wichtige Veranstaltungen parallel stattfinden, und wenn ARD und ZDF hektisch hin- und herschalten – dann läuft eben Biathlon live im Nischenkanal TLC, wo Kult-Reporter Sigi Heinrich aus Wolfratshausen die „gmahde Wiesn“ für Siegerin Laura Dahlmeier bejubelt. Und Eurosport 1 zeigt derweil in aller Ausführlichkeit Skispringen. Wer Entscheidungen aus Südkorea verpasst, findet sofort nach jedem Wettbewerb in der App „Eurosport Player“ Wiederholungen und Highlights.
Das ist neu im deutschen Sportfernsehen, genau wie der virtuelle Studiowürfel „The Cube“, in dem hinter Experte Martin Schmitt plötzlich eine Sprungschanze aus dem Boden wächst. Hier sieht Olympia aus wie eine Mischung aus „Tron“ und „Matrix“, mehr nach 2040 als nach 2018.
Aus der Gegenwart stammen dagegen Experten wie Sven Hannawald, der nach dem Gold von Skispringer Andreas Wellinger beinahe die Wand seiner Sprecherkabine niedergerissen hätte („Ist mir scheißegal“) – und viele charmante Ideen. Bisher der amüsanteste Einfall von Eurosport: Turn-Olympiasieger und Reporter-Azubi Fabian Hambüchen sprang auf einer Schanze 15,20 Meter weit, und fühlte sich dabei „wie ein Känguru mit geöffneten Beinen“.
Doch auch bei ARD und ZDF verpassen Sportfans so gut wie nichts. Bei Gerhard Delling, Rudi Cerne oder Katrin Müller-Hohenstein fühlt sich Olympia aber immer noch an wie 1998 oder 2008. Aus dem Cyberspace berichten ARD und ZDF nicht. Aber immerhin schneit es im Studio den ganzen Tag, dank animierter Schneeflocken auf der riesigen Leinwand. Vor dem Digitalschnee sitzt die gute alte Katrin Müller-Hohenstein, feiert jede deutsche Medaille so euphorisch, als hätte ihre Mama gerade 80. Geburtstag, und gibt gemütlich von Event zu Event. Die Fernsehzukunft schaut anders aus. Andererseits – gerade im Winter wärmt Katrins Norwegerpulli immer noch wunderbar, und wer braucht schon 18 Videostreams?