Man mag Filmdialoge manchmal für zu „gestylt“ halten, für zu schön komponiert, um „wahr“ zu sein. Sätze, die in der Realität, von realen Menschen, so fehlerfrei, so pointiert nie gesprochen würden. Aber will man stattdessen 90 (Krimi-)Minuten lang altvertrauten Charakteren wie „Tatort“-Kommissaren dabei zuschauen und zuhören, wie sie sich durch einen Fall stammeln, nach Worten ringen, ihre permanente Verlegenheit erkennen lassen? Und das auch noch in einer Geschichte, die abstruser nicht sein kann?
Regisseur Axel Ranisch hat sich mit „Babbeldasch“, seinem Improvisationstheater im Theater, vor einem Jahr schon sauber ins Knie geschossen. Kopfschütteln bei vielen Kritikern und den meisten Zuschauern – gar so viele waren es eh nicht. Der Südwestrundfunk (SWR) hat ihn trotzdem mit einem weiteren „Tatort“ ohne festes Drehbuch beauftragt – mit dem einzigen Unterschied, dass diesmal keine Laien mitspielen. Man merkt es dem Ergebnis nicht an.
Ein einziges gutes Haar lässt sich (neben der Filmmusik von Martina Eisenreich) an „Waldlust“ finden, und das ist der Schauplatz. Ein so authentisch heruntergekommenes Hotel wie den Lorenzhof findet man selten im deutschen Fernsehen – hier stimmt alles, hier packt einen Beklemmung beim Anblick des verblassten Glanzes vergangener Zeiten (Kamera: Stefan Sommer). Was hätte sich in diesen Kulissen drehen lassen! Ein Gruselkrimi vom Feinsten, ein Kammerspiel mit Anklängen an Agatha Christie oder Alfred Hitchcock.
Doch der Regisseur inszenierte ein Buch (Sönke Andresen), das wirkt wie von einer Zecherrunde zu später Stunde zusammenspintisiert. Ein Plot voller Logiklöcher, ein ganz und gar unrealistisches Beziehungsgeflecht zwischen Freunden, Eheleuten, Brüdern und sonstigen Verwandten, dazu ein durchgeknallter Psychologe, ein Spurensicherer, der eigenhändig mittels Pickel den Kellerboden aufhackt, und eine greise Diva im weißen Abendkleid – übrigens Ranischs Oma. Man sucht den doppelten Boden, doch es gibt keinen.
In dieser Episode des altehrwürdigen, renommierten, vielfach preisgekrönten „Tatort“ dilettieren die Darsteller von der ersten bis zur letzten Minute, „spielen“ Figuren, die quälende eineinhalb Stunden lang ihre völlige Inkompetenz offenbaren. Und das sollen „unsere“ Krimihelden sein? In diesem bedauernswerten Ensemble können allein Lisa Bitter als Johanna Stern und Heiko Pinkowski als „Humpe“ ihre Haut einigermaßen retten. Der Rest geht unter.
In einer Szene ziemlich am Anfang schlägt sich Wirtstochter Doro (Eva Bay) den Kopf an einer Tür blutig – für diesen „experimentellen“ Stuss dürfte es kein besseres Sinnbild geben. Rudolf Ogiermann