Witzchen über Dorothee Bär und Donald Trump, dazu ein politisch unkorrekter Kracher über das vom Aussterben bedrohte Kegeln („Wenn heute jemand ,Alle Neune‘ ruft, dann meint er die Flüchtlingsfamilie nebenan“), das Ganze präsentiert im edlen Studio und mit Live-Musik – die Late-Night-Show ist zurück in Deutschland. Klaas Heufer-Umlauf hatte am späten Montagabend Premiere mit seinem neuen Pro-Sieben-Format „Late Night Berlin“. Das Interesse war überschaubar, insgesamt 750 000 Zuschauer wohnten der Premiere bei. Der Marktanteil betrug 5,3 Prozent, in der jüngeren Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren sogar 12,1 Prozent. Pro Sieben wertet das als Erfolg, immerhin, so ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung, liege man damit rund 25 Prozent über dem aktuellen Pro-Sieben-Schnitt.
„Late Night Berlin“ startete klassisch mit Stand-up-Sprüchen. „Was ist schneller weg – meine Show oder die neue Freundin von Gerhard Schröder?“, fragte der gut gelaunte und gut gekleidete Entertainer sein Publikum. Und da die Show nicht in der Hauptstadt, sondern in Potsdam produziert wird, meinte er noch: „Die halbe Stadt gehört ja Günther Jauch, und wir dürfen Krach machen in seinem Tischtenniskeller – danke, Günni!“ Heufer-Umlauf, für eine Premiere ziemlich cool wirkend, sprach auch die Möglichkeit des Scheiterns an („Ich spüre den Druck!“), und erinnerte ansonsten in den besten Momenten an Altmeister Harald Schmidt.
Der 34-Jährige hatte angekündigt, dass seine Late-Night-Show deutlich politischer werde als die Sendung „Circus Halligalli“, die er bis zum vergangenen Sommer mit Dauerpartner Joko Winterscheidt moderierte. Und so verkleidete er sich als SPD-Mann Martin Schulz inmitten der Sondierungs- und Koalitionsgespräche, die er mit Laien nachstellen ließ, im „Laberinth der Macht“.
Guter Einfall, mit der die Macher zwischendurch neue Wege beschritten in einer Show, die ansonsten doch sehr ein Déjà-vu-Gefühl aufkommen ließ. Blicke in Formate der Konkurrenz („Undercover Boss“ bei RTL), Frotzeleien mit Band und Bandleader (Jakob Lundt, Ex- Redaktionsleieiter von „Circus Halligalli“) – alles schon mal dagewesen. Heufer-Umlauf selbst brachte das Defizit auf den Punkt: „Wenn irgendwo irgendwas Wichtiges passiert, ist in fünf Minuten das ganze Internet voll – und wir stehen doof da im linearen Fernsehen.“ Abhilfe soll eine „Gagvorschau“ schaffen, nette Idee, die das Problem der mangelnden Aktualität aber natürlich nicht aus der Welt schaffen wird.
Nichts mehr lernen muss der Moderator im Talk. Im Gespräch mit Premierengast Anne Will fand der Gastgeber die richtige Mischung aus Charme und unkonventionellen Fragen („Was guckst Du?“ – „,Der Bergdoktor‘ – und da weine ich auch!“). Doch Promis ganz privat bieten auch andere Sender. Heufer-Umlauf gibt sich augenzwinkernd zuversichtlich, was den Erfolg seiner Show betrifft: „Wer Late Night macht, surft auf der Welle des Erfolgs direkt in die Rente.“
Immerhin nahm die Konkurrenz Notiz vom neuen Format – und wie! Satiriker Jan Böhmermann (37) funkte dem Kollegen im Werbespot eines Autovermieters dazwischen: „Warum ich niemals eine Late-Night-Show im Privatfernsehen moderieren würde? Schon alleine wegen dieser nervigen Werbeunterbrechungen.“ Er würde so etwas nie tun, erklärte Böhmermann süffisant – „denn glaubwürdige Satire funktioniert nur ohne Werbung“.