Wohnung ist nicht gleich Wohnung

von Redaktion

Kläger gegen den Rundfunkbeitrag sehen sich durch die Reform benachteiligt – Chefs der Öffentlich-Rechtlichen verteidigen die Abgabe

Von Anika von Greve

In Sachen Rundfunkfinanzierung hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) die ursprünglich auf zwei Tage angelegte Verhandlung bereits am Mittwochabend geschlossen. Bis zu einem Urteil, ob der Rundfunkbeitrag verfassungskonform ist, dürften nun mehrere Monate vergehen. Das oberste deutsche Gericht beschäftigt sich wie berichtet mit vier Beschwerden gegen die Abgabe. In drei Fällen sind die Kläger Privatleute, das vierte Verfahren hat der Münchner Autovermieter Sixt angestrengt.

Es gehe darum, die Notwendigkeit einer Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Abgaben zu beurteilen sowie um seine Rolle für die Meinungsbildung, so der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof. Seit einer Reform im Jahr 2013 wird der Beitrag pauschal pro Wohnung und nicht mehr nach Art und Zahl von Empfangsgeräten erhoben. Bei Firmen sind unter anderem die Zahl der Mitarbeiter und der Dienstwagen Grundlage der Beitragshöhe.

Diese Regelung werfe Probleme auf, sagte Kirchhof. So könnte es problematisch sein, dass für privat genutzte Fahrzeuge kein Beitrag fällig werde, für Dienst- oder Mietwagen hingegen schon. Außerdem würden mit einem Beitrag pro Wohnung alle anderen darin wohnenden Personen entlastet – auch das könnte auf eine Ungleichbehandlung hindeuten.

Der Autovermieter Sixt kritisierte die für ihn entstehende Mehrfachbelastung. „Der Grundsatz der Belastungsgleichheit wird in eklatanter Weise verletzt“, sagte Sixt-Vertreter Christoph Degenhart. Auch sei der Ehrliche der Dumme, weil es bei Autos keine Möglichkeit gebe, Zahlungsverweigerer aufzuspüren. Der Justiziar des Südwestrundfunks (SWR), Hermann Eicher, widersprach. Inzwischen seien mehr als 4,4 Millionen geschäftlich genutzte Autos erfasst.

Der private Beschwerdeführer Bernhard Wietschorke sprach sich für einen personenbezogenen Beitrag aus. Bei einer Abgabe pro Wohnung würden Einpersonenhaushalte klar benachteiligt. Das gelte auch für Besitzer von Zweitwohnungen: „Ich werde doppelt benachteiligt.“

Die Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen verteidigten die umstrittene Abgabe. Sie sei die logische Folge der sich verändernden Nutzung durch neuartige Empfangsgeräte gewesen, sagte ARD-Chef Ulrich Wilhelm. Und überhaupt: „Der Rundfunkbeitrag ist die Grundlage unserer Unabhängigkeit und Finanzierung.“

Nach Überzeugung von ZDF-Intendant Thomas Bellut sind die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in unruhigen Zeiten besonders gefragt. „Das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in diese Angebote ist sehr hoch.“ Da sich vor der Reform immer mehr Nutzer der früheren Rundfunkgebühr entzogen hätten, sei eine „Erosion der finanziellen Grundlagen für die Öffentlich-Rechtlichen befürchtet worden“, sagte Heike Raab, Medienstaatssekretärin in Rheinland-Pfalz, die für die Länder sprach.

Zur Debatte stand auch die Frage, ob es sich bei dem Beitrag eigentlich um eine Steuer handelt, für die die Länder keine Gesetzgebungskompetenz hätten. Eine Steuer erfolgt ohne spezielle Gegenleistung, einem Beitrag steht eine konkrete Leistung gegenüber. In ihren Nachfragen machten die Richter deutlich, dass sie die Argumentation der Beschwerdeführer in Richtung Steuer kritisch sehen, da der Zusammenhang des Beitrags mit der Finanzierung des Rundfunks aus dem Staatsvertrag hervorgehe. Als Rundfunkbeitrag werden aktuell 17,50 Euro pro Haushalt und Monat fällig. Insgesamt kommen knapp acht Milliarden Euro pro Jahr zusammen.

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