Menschen mit zwei oder mehr Wohnungen werden künftig beim Rundfunkbeitrag nur einmal zur Kasse gebeten. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden, das Beitragsmodell ansonsten aber für verfassungsgemäß erklärt. Mit dem Urteil gaben die Richter einem der vier Kläger in einem Punkt Recht, in allen anderen Punkten scheiterten die Beschwerdeführer.
Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks begrüßten das Urteil. Die Kläger äußerten sich enttäuscht. Sie hatten das 2013 eingeführte System bemängelt, bei dem der Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro monatlich pauschal je Wohnung erhoben wird – egal wie viele Menschen dort leben und ob es überhaupt einen Fernseher oder ein Radio gibt. Das Modell sei ungerecht, denn es belaste etwa Alleinlebende stärker als eine in einer Wohnung lebende Gemeinschaft, die sich den Beitrag teilen kann.
Dem folgten die Richter nicht. Darin liege zwar eine Ungleichbehandlung. Diese beruhe aber „auf Sachgründen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügen“, so das Urteil. „Die Bemessung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich ist im Wesentlichen belastungsgleich ausgestaltet“, betonte Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof. Die doppelte Belastung für Zweitwohnungen gehe aber zu weit. Für die Neuregelung hat der Gesetzgeber nun bis Mitte 2020 Zeit. Solange bleibt die alte Regelung formal in Kraft. Betroffene können aber eine Befreiung beantragen.
„Ich glaube, das ist eine angemessene Veränderung, die wir jetzt zügig angehen werden“, sagte die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD), die für die Länder sprach. Welche finanziellen Folgen das Urteil für die Rundfunkanstalten hat, ist noch nicht abzusehen. Da es nur um einen kleineren Personenkreis gehe, gehe man von kleinen, eher moderaten Einbußen aus, sagte Raab.
Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer in Bernau bei Berlin teilte mit, das Urteil komme vor allem Zehntausenden Besitzern der vor allem im Osten verbreiteten Datschen entgegen. „Wir begrüßen sehr, dass die Verfassungsrichter die widersinnige Regelung gekippt haben, nach der von einer Person mehrfach Rundfunkbeiträge verlangt werden können“, erklärte der Verband.
Die Senderchefs zeigten sich insgesamt erleichtert. „Die gesamte Konstruktion ist bestätigt worden“, sagte der ARD-Vorsitzende und BR-Intendant Ulrich Wilhelm nach der Verkündung. ZDF-Chef Thomas Bellut äußerte sich ebenfalls zufrieden: „Es ist gut, dass über die Zulässigkeit des Beitrags jetzt höchstrichterliche Rechtsklarheit besteht.“
Kläger Bernhard Wietschorke, der sich als Zweitwohnungsinhaber erfolgreich gegen den doppelten Beitrag gewehrt hatte, bezeichnete dies als lediglich „kleinen Sieg“. Das große Ganze sei nicht angegangen worden. Entscheidend für die Erhebung des Beitrags sei die Möglichkeit, dass jeder das Angebot eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzen kann, sagte demgegenüber Kirchhof. Das rechtfertige eine zusätzliche finanzielle Belastung. Ob der Einzelne ein Empfangsgerät hat, die Angebote nicht nutzen will oder die Öffentlich-Rechtlichen ablehnt, spiele keine Rolle.
Der Münchner Autoverleiher Sixt hatte sich ebenfalls gegen den Beitrag gewehrt. Das Unternehmen zahlt für jeden Mietwagen ein Drittel eines Beitrags. Außerdem wird je nach Zahl der Mitarbeiter zusätzlich für jeden Standort zur Kasse gebeten. Auch das ist aus Sicht der Richter nicht zu beanstanden. Schließlich hätten Unternehmen durch die Rundfunkangebote einen wirtschaftlichen Nutzen. Sie könnten damit Mitarbeiter wie Kunden informieren und unterhalten.
Der Sicht der Kläger, es handele sich bei dem Beitrag in Wirklichkeit um eine Steuer ohne konkrete Gegenleistung, folgten die Richter ebenfalls nicht. Dem Beitrag stehe eine Leistung gegenüber – nämlich „die Möglichkeit der Rundfunknutzung“, führte Kirchhof aus.
Der Rundfunkbeitrag ist die wichtigste Einnahmequelle für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Im vergangenen Jahr kamen knapp acht Milliarden Euro zusammen.