Auf zu neuen Ufern

von Redaktion

Eine NDR-Reportage begleitet junge Straftäter bei ihrer Resozialisierung auf einem Schiff – und hinterfragt den Erfolg

Von Heide-Marie Göbbel

Der 17-jährige Aeneas und der 15-jährige Sinan sind zwei von 14 jugendlichen Straftätern, die auf dem Segelschiff „Salomon“ eine letzte Chance erhalten. Um nicht wegen Diebstahls, Drogen- und Gewaltdelikten ins Gefängnis zu müssen, verbringen sie ein Jahr an Bord des Therapieschiffs. Wie es ihnen ergeht und ob sie ihre zweite Chance ergreifen können, erzählt die Filmemacherin Birgit Wärnke in der Reportage „45 Min – Jung und kriminell – was dann?“, die das NDR-Fernsehen am kommenden Montag um 22 Uhr ausstrahlt.

Die Reise beginnt im November 2016 vor Gran Canaria. Auf dem Schiff ist alles streng organisiert. Leiter Jonathan Reist macht klare Ansagen: feste Schlaf- und Essenszeiten, keine Drogen, keine Gewalt, Laptops und Handys nur selten. Dafür Arbeit, Segeln und Struktur. Die Jugendlichen sind zwischen 13 und 18 Jahre alt. Aber keiner sei freiwillig da, sagt Wärnke. Wer hier landet, habe es so richtig verbockt. Laut der Statistik des Schiffes schaffen es zwei von drei Jungs, hinterher ein geregeltes Leben zu führen.

Die Betreuer setzen auf Erfolgserlebnisse und Wertschätzung. Den Burschen fehle oft jede Art von positiver Bestätigung, erzählt Reist. Von ihren bisherigen Freunden habe es nur Anerkennung gegeben, wenn sie mal wieder Mist gebaut hätten. Sinan wurde wegen Drogendealerei, Körperverletzungen und Diebstählen zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. An Bord übernimmt er Stubendienst und versucht, sich an die enge Viererkajüte zu gewöhnen.

Segeln habe eine Menge mit Selbstwertgefühl zu tun, meint Reist. Ein Junge, der bisher nirgendwo funktioniert habe, hier die Segel handhaben könne und sogar Vormann werde, sei in der Gruppe hoch angesehen. Der 15-jährige Sinan hat schon feste Vorstellungen, was er später machen möchte. Koch will er werden, weil ihm das Kochen auf dem Schiff viel Spaß gemacht hat. Den Beteiligten einen festen Rahmen zu bieten, sei das eine, meinen die Betreuer. Andererseits müssten die Straftäter ihre Chance auch nutzen.

Wärnke setzt auf genaue Kameraführung und sparsame Dialoge. Sie überlässt es den Zuschauern zu entscheiden, wie sinnvoll sie die Maßnahme finden. Die erlebnispädagogischen Angebote für Problemkids stünden in der Kritik, doch die tatsächlichen Kosten seien nicht höher als die eines Heimaufenthalts in der gleichen Zeit, gibt Wärnke zu bedenken. Insgesamt eine bewegende Reportage, die viele Fragen aufwirft und zeigt, dass es keine einfachen Antworten geben kann.

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