Banküberfall mit Geiselnahme! Routine, denkt der Wiesbadener LKA-Ermittler Felix Murot, den der Anruf aus dem Schlaf reißt. Doch beim Versuch, die Täter zur Aufgabe zu bewegen, fallen Schüsse. Und es beginnt der wohl irrste „Tatort“ des Jahres. Denn Murot – soviel sei verraten – erlebt dieselbe Situation immer und immer wieder. Der Filmklassiker „Und ewig grüßt das Murmeltier“ von 1993 stand Pate für die Episode „Murot und das Murmeltier“, die das Erste an diesem Sonntag zeigt. Wir sprachen mit Autor und Regisseur Dietrich Brüggemann (42).
Wie kommt man auf eine solche Idee?
Die Idee kam aus dem Nichts, wie die meisten guten Ideen. Im Ernst: Der erste Impuls war meine Beobachtung, dass es im „Tatort“ immer nur Verhöre gibt. Es gibt zu viele Krimis mit zu vielen Verhören, überhaupt mit den immer gleichen Ritualen. Ich habe mich gefragt: Wie wäre es, wenn wir das mal thematisieren?
Das war die Grundidee?
Ja, ich dachte: Lass’ uns mal einen Krimi machen, in dem immer wieder dasselbe passiert.
Was war die größte Schwierigkeit beim Drehen? Wenn ich richtig gezählt habe, gibt es zwölf Versionen derselben Geschichte…
Die Schwierigkeit bestand darin, dass es sich immer um dieselben Figuren handelt, die sich immer sehr ähnlich verhalten. Trotzdem hat jede Version ihre eigene Temperatur, zumindest, was die Empfindungen Murots betrifft – Routine, Verwunderung, Wut, Verzweiflung, Resignation. Ich hoffe, dass wir das den Zuschauern vermitteln können.
Was war die größte Herausforderung für die Schauspieler?
Na ja, es fühlt sich sicher sehr seltsam an, hintereinander weg immer wieder eine fast identische Version zu drehen. Meine Hochachtung vor Ulrich Tukur! Wir waren vier Tage in der Wohnung des Kommissars und haben zwölf Mal gedreht, wie er aufwacht, telefoniert, sich anzieht, die Wohnung verlässt…
Und dasselbe dann auf der Straße, im Auto, am Tatort…
Genau. Die Straße, die Situation vor und in der Bank, alle Autofahrten. Und in der verbleibenden Zeit haben wir alle Szenen gedreht, die es nur einmal gibt.
Haben die Schauspieler, die immer wieder dasselbe zu sagen hatten, nicht revoltiert?
Nö, die hatten jede Menge Spaß.
Mit welchen Reaktionen auf Ihren Film rechnen Sie?
Ich habe ja schon einmal testen dürfen, wie er ankommt, beim Filmfestival in Ludwigshafen (wo „Murot und das Murmeltier“ den Hauptpreis gewann; Red.). Das war kein Fach-, sondern ein ganz normales Publikum, ein ziemlich genauer Querschnitt der Leute, die normalerweise den „Tatort“ einschalten. Und die Reaktionen waren großartig, es wurde viel gelacht. Natürlich wird es wie bei allem, das vom normalen „Tatort“-Schema abweicht, Gemecker geben. Aber das darf man nicht überbewerten.
Hat der Film eine Moral? Ist er ein Appell, die Routine zu bekämpfen?
Ja. Mach’ nie Dienst nach Vorschrift, bekämpfe den Drang, deine Arbeit so zu machen, wie du sie immer machst. Das gilt für Kommissar Murot im Film, das gilt für die Krimimacher im Allgemeinen, das gilt aber auch für uns alle.
Das Interview führte
Rudolf Ogiermann.