Der unvergessene Entertainer

von Redaktion

Harald Juhnke wäre 90 Jahre alt geworden – das Fernsehen erinnert an sein bewegtes Leben

VON KATRIN BASARAN

Man nannte ihn gern den „Sinatra von der Spree“ – und Harald Juhnke liebte es. Am Montag wäre der ebenso einzigartige wie skandalumwitterte Entertainer 90 Jahre alt geworden. Das Fernsehen würdigt die Legende, die viel zu früh und demenzkrank 2005 verstarb, mit einer ganzen Reihe von Filmen und Dokumentationen, in denen auch viele Weggefährten sehr warme Worte finden. Für Comedian Kurt Krömer etwa, ein „Fan-Boy“ wie er von sich selbst sagt, war Juhnke schlicht „der Allergrößte“. Der 44-Jährige ehrte den begnadeten Künstler in der ARD-Show „Kurt Krömer feiert Harald Juhnke“ bereits am Donnerstag. Ihn verbinde mit dem Star ja vieles: In erster Linie Berlin natürlich und die dazugehörige berühmte Berliner Schnauze. Currywurst und Schampus, Kiez und Kudamm – auch für ihn sind diese Gegensätze nur scheinbare. Für Barbara Schöne war Juhnke, einstiger Bühnenpartner bei „Musik ist Trumpf“, ein „Paradiesvogel“, der stets auf dem Seil balancierte. Brigitte Grothum, Kollegin in der Serie „Drei Damen vom Grill“, sagt, er sei vor allem ein „genialer Schauspieler“ gewesen. „Wenn Harald auf dem Plakat stand, war das Haus voll“, erinnert sich Ex-Theaterchef Jürgen Wölffer. Sie alle kommen in der ZDF-History-Doku „Harald Juhnke eine deutsche Legende“ (23. Juni) zu Wort. Auch sein Sohn Peer, dessen Erinnerungen eher zwiespältig klingen. Für ihn war Juhnke auch der Vater, der wenig zu Hause war.

Harry Heinz Herbert Juhnke wurde am 10. Juni 1929 als Sohn eines Polizisten in Berlin geboren. In den Fünfzigerjahren startete er als Harald Juhnke am Berliner Schiller Theater durch – schon damals war Teufel Alkohol sein Begleiter, und er hatte schnell den Ruf als „Blauer Bengel“ weg. Weil er betrunken einer Polizeistreife in die Hände fiel, saß er sogar ein paar Monate im Knast. Aber bekanntlich existierte für Harald Juhnke so etwas wie die „goldene Mitte“ nicht. Sein Lied: „Barfuß oder Lackschuh, alles oder nichts…“, das er später so gern sang, reflektiert ziemlich genau das Leben des Entertainers.

In den Siebzigern lockte er 20 Millionen Zuschauer vor die Fernseher, wenn er mit Grit Böttcher „Ein verrücktes Paar“ mimte. Aber er konnte auch Theater und Film. Erst am Boulevard, später mit Feuilleton-Faktor. Eine seiner Paraderollen war 1996 „Der Hauptmann von Köpenick“, den Katharina Thalbach mit ihm am Berliner Maxim-Gorki-Theater inszenierte. Viel gelobt wurde er für die Hans-Fallada-Verfilmung „Der Trinker“, die die ARD am Montag um 23.45 Uhr zeigt.

In seiner Biografie sah er sich als „müden Mann, der mit sich privat auf deprimierende Weise wenig anzufangen weiß“. Das Klischee vom sensiblen Künstler, der sich nach der Show leer fühlt und trinkt – bei Juhnke war es Wirklichkeit. Im Jahr 2001 lud sein langjähriger Manager Peter Wolf zu einer denkwürdigen Pressekonferenz. Er weinte fast, als er verkündete: „Harald Juhnke ist unheilbar krank. Sein Geist ist verwirrt. Eine Heilung ist ausgeschlossen. Heute endet die wohl schillerndste Nachkriegskarriere eines deutschen Schauspielers und Entertainers.“

Der RBB plant einen Spielfilm über Harald Juhnkes Leben. Arbeitstitel: „Der Entertainer“. Am Drehbuch werde noch gearbeitet, so der Sender. Im Gespräch für die Hauptrolle ist Matthias Matschke.

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