Der Kampf wird härter

von Redaktion

Unterhaltungsgigant Disney, bis jetzt nur Produzent, steigt selbst ins Streaming-Geschäft ein

VON FINN MAYER-KUCKUK

Wie viel Streamingdienste braucht der Mensch? In Deutschland kämpfen neben den international operierenden Giganten Netflix, Amazon und Google auch einheimische Anbieter wie Sky, Magenta (Telekom) und seit neuestem auch Joyn (Pro Sieben-Sat.1) um Kunden. In den nächsten Monaten kommen noch weitere starke Konkurrenten hinzu. Vor allem der Einstieg des Unterhaltungsgiganten Disney dürfte den Markt erneut verändern. Es beginne ein „Kampf um die Kunden für Abrufvideos“, prophezeien Analysten.

Für die Kunden hat das Vor- und Nachteile. Einerseits nützt ihnen der Preiskampf der Dienste. Andererseits steigt die Gefahr, dass ausgerechnet die nächste Lieblingsserie auf einem Portal läuft, zu dem man noch keinen Zugang hat. Wer deshalb ein Abo nach dem anderen abschließt, gibt so am Ende mehr aus, als er wollte. Dabei ist die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten begrenzt. Umfragen zufolge wollen deutsche Kunden im Schnitt nicht mehr als 15 Euro pro Monat für Streamingdienste ausgeben. Eine Mehrheit würde am liebsten mit weniger als fünf Euro im Monat dabei sein.

Doch allein Netflix kostet seit Monatsbeginn in Deutschland acht Euro im Monat für normale und zwölf Euro für besonders gute Bildqualität. Disney hat für Deutschland noch keinen Preis bekannt gegeben, doch die Kosten dürften um sieben Euro im Monat liegen. Amazon Prime kostet sechs Euro im Monat, doch in dem Preis sind viele Filme nicht enthalten – sie kosten extra. Magenta verlangt von Telekom-Kunden knapp fünf Euro monatlich.

Bisher waren die Verbraucher mit Netflix allein bereits sehr gut bedient. Schließlich fanden sich dort bisher die Inhalte von Disney, CBS, Paramount oder Warner plus die vielen Eigenproduktionen einträchtig nebeneinander. Doch schon jetzt verschwinden erste Disney-Inhalte als Vorbereitung auf den Start des eigenen Dienstes. Der von Disney finanzierte Superheldinnenfilm „Captain Marvel“ war schon nicht mehr auf Netflix zu sehen – als erster seiner Art.

Für Disney sieht der Einstieg ins Streaming-Geschäft damit auf den ersten Blick nicht wie ein geschickter Zug aus. Bisher hat der Konzern mühelos Geld damit verdient, seine Inhalte an Netflix zu lizenzieren. Jetzt muss das Unternehmen erst einmal Milliardenbeträge in die Hand nehmen, um sich in den Markt zu drängeln. „Wer einen Dienst für Endverbraucher neu anbietet, kann sich zunächst auf gewaltige Verluste gefasst machen“, sagt Analyst Rich Grennfield.

Für die sieben Dollar im Monat wird es dort eine Menge zu sehen geben. Zu Disney gehören neben den endlosen Reihen von Superhelden aus dem „Marvel“-Universum auch Reihen wie „Star Wars“ oder „Pirates of the Caribbean“. Bei Kindern beliebt sind „Nemo“, „Cars“ oder „Die Eiskönigin“. Das Unternehmen nutzt seine existierenden Rechte auch für ständige Neuauflagen der gleichen Stoffe. „Die Schöne und das Biest“, der „König der Löwen“, „Aladdin“ oder „Das Dschungelbuch“ werden in immer neuen Versionen präsentiert.

Im Konzern ist die Erkenntnis gereift, dass an diesen beliebten Filmen und Serien keine Zwischenhändler mitverdienen müssen, sondern dass er die Einnahmen auch selbst behalten kann. Als einer der Weltmeister im Aufbau von Marken und der Verführung von Konsumenten traut Disney sich nun den Kampf gegen Netflix und Amazon zu.

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