Gibt es in Großstädten bald keine Familien mit kleinen Kindern mehr? In Metropolen mit besonders hohen Mieten geht deren Anteil nach einer vom ZDF in Auftrag gegebenen Studie zurück. In München, Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main und Stuttgart beispielsweise wanderten mehr Familien ab als zu, heißt es in einer neuen „Deutschlandstudie“ des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos. Wo Familien in Deutschland am besten leben, zeigt der Mainzer Sender am Dienstag, 10. Dezember, um 20.15 Uhr in einer Doku aus der Reihe „ZDF Zeit“.
Einen Grund für die Stadtflucht sehen die Forscher laut Studie in den hohen Mieten. In München beispielsweise müssten Familien durchschnittlich etwa 43 Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben, in Freiburg im Breisgau seien es 42 Prozent und in Frankfurt am Main 39 Prozent. Als Beispiel nennt Harald Rost vom Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg ein Akademikerpaar aus München. Trotz zweier voller Gehälter hätten sich die gut ausgebildeten Eltern mit ihren drei Kindern erst 70 Kilometer von München entfernt ein Haus leisten können, alles andere sei zu teuer gewesen.
„Dass Familien wegen hoher Mieten ins Umland ziehen, ist nicht neu“, sagt Detlev Lück vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden – weiter steigende Mieten könnten diesen Trend jedoch verstärken. Familien zögen typischerweise an den Stadtrand oder in kleinere Städte, weniger auf das platte Land. Günstigere Wohnungen, ein S-Bahnanschluss und eine nicht zu weite Pendelstrecke seien für viele attraktiv.
Schulen und Kitas spielten bei der Entscheidung für den Wohnort ebenfalls eine zentrale Rolle. Viele Kitas hätten lange Wartezeiten. „Da kann es schon sein, dass die Familie dahin zieht, wo die erste Kita zusagt.“ Ein eigener Garten oder die Nähe eines Parks, Waldes oder von anderem Grün spiele für viele Paare mit Kindern auch eine wichtige Rolle. Dazu kämen ganz unterschiedliche individuelle Gründe wie die persönliche Bindung an einen Ort, die räumliche Nähe zu den eigenen Eltern und individuelle Vorlieben wie ein Theater oder gute Gastronomie.
Die besten Lebensverhältnisse für Familien in Deutschland bietet der „Deutschlandstudie“ zufolge der hessische Hochtaunuskreis im Norden von Frankfurt. Wesentliche Faktoren hierfür sind wenige Schulabgänger ohne Abschluss, die zweithöchsten Familieneinkommen im Land, eine gute Gesundheitsversorgung und überdurchschnittlich viele Kinder und Geburten in der Region. Es folgen Baden-Baden und Starnberg. Dahinter liegen Speyer und Neustadt an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz.
Für das Ranking haben sich die Forscher von Prognos vier Lebensbereiche mit zahlreichen Indikatoren angesehen, Punkte vergeben und gesammelt – Geld und Wohnen, Bildung und Soziales, Gesundheit und Sicherheit sowie Freizeit- und Kultur. Familienforscher Rost hält die Wirtschaftskraft für entscheidend: „Die Leute ziehen da hin, wo sie einen Job finden.“ Die Tendenz, wegen hoher Mieten die Städte zu verlassen, sieht er vor allem in den Metropolen der Republik. In Mittelstädten wie Bamberg mit seinen rund 75 000 Einwohnern gebe es eher einen starken Zuzug. Viele Familien, die aufs Land gezogen seien, hätten gemerkt, dass sie zwei Autos brauchten und die Kinder ständig hin und her fahren müssten, zum Musikunterricht, zum Sport oder zu Freunden.
Wie es auch anders gehen kann, zeigt nach Darstellung Rosts unter anderem die oberfränkische Kreisstadt Marktredwitz im Kreis Wunsiedel mit ihren rund 17 000 Einwohnern. Sie habe Familien finanzielle Anreize geboten, damit sie sich ansiedelten. Einige junge Startups machten die Region auch als Arbeitgeber attraktiv. Der „Deutschlandstudie“ zufolge sind in dem Landkreis die Ausgaben für Miete gemessen am Familieneinkommen mit 16 Prozent am niedrigsten in Deutschland. Und – der Anteil von Familien an der Bevölkerung sei zuletzt gestiegen.
Die „ZDF Zeit“-Doku
unter dem Titel „Wo leben Senioren am besten?“ zeigt der Mainzer Sender bereits am kommenden Dienstag, 3. Dezember, um 20.15 Uhr.