Wechsel in die erste Reihe

von Redaktion

Jan Böhmermann verabschiedet sich von ZDF Neo und bekommt ein neues Format im ZDF

VON RUDOLF OGIERMANN

Er war das mit Abstand prominenteste Gesicht von ZDF Neo – entsprechend viel Aufmerksamkeit verschaffte Jan Böhmermann dem (sehr) kleinen Bruder des ZDF. Aber der Satiriker fand selbst stets ein viel größeres Publikum als das seines „Neo Magazin Royale“ mit zuletzt im Schnitt rund 300 000 Zuschauern. Kaum ein anderer im Medienzirkus sorgte für so viele Skandale wie der Polizistensohn aus Bremen. Kein Wunder, dass sowohl Moderator als auch Sender künftig größer denken (wollen). Am Donnerstag um 22.15 Uhr läuft die letzte Ausgabe der Show bei ZDF Neo, Böhmermann wechselt im Herbst kommenden Jahres ins Hauptprogramm. Und wird dann bestimmt nicht ruhiger werden.

Die Bilanz des 38-Jährigen kann sich sehen lassen. Größter Coup war im März 2016 ein vulgäres Gedicht („Schmähkritik“) über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit dem er – nach eigenen Worten – die Grenze der Satirefreiheit markieren wollte. Erdogan schäumte, die Bundesregierung machte den Weg frei für ein – allerdings bald eingestelltes – Strafverfahren. Böhmermann selbst tauchte zeitweise ab, erhielt sogar Polizeischutz. Im Zuge der Affäre wurde der Paragraf, der die Beleidigung ausländischer Regierungschefs unter Strafe stellt, aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.

Schon ein Jahr zuvor hatte der Satiriker für Verwirrung gesorgt, indem er behauptete, ein Video gefälscht zu haben, in dem der damalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis Deutschland symbolisch den ausgestreckten Mittelfinger zeigt. Für „Varoufake“ gab es sogar den renommierten Grimme-Preis.

In der Affäre um den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der in einem heimlich aufgenommenen Video über den Kauf der „Kronen“-Zeitung schwadroniert, machte Böhmermann schon einige Wochen vor der Veröffentlichung in diesem Frühjahr Andeutungen, die darauf schließen ließen, dass er das Video kannte – mit seiner Entstehung will er jedoch nichts zu tun gehabt haben. Keine Freunde im Nachbarland machte sich Böhmermann ebenfalls heuer mit einem Interview der ORF-Sendung „Kulturmontag“. Darin sagte er unter anderem, es sei „nicht normal, dass das Land von einem 32-jährigen Versicherungsvertreter (gemeint ist Sebastian Kurz, Red.) geführt wird“.

Auch die SPD entging nicht seinem Spott. In der Absicht, Parteivorsitzender zu werden, trat Böhmermann dem SPD-Ortsverein Köthen (Sachsen-Anhalt) bei.

Opfer der jüngsten Gemeinheit Böhmermanns, der nach eigenen Angaben noch nicht weiß, wie seine „kleine, dreckige Spartenshow“ im ZDF aussehen wird, ist Kabarettist Dieter Nuhr, der sich in seiner Sendung „Nuhr im Ersten“ wiederholt kritisch über die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg geäußert hatte. In seiner jüngsten Sendung behauptete der Moderator, wichtigste Forderung Gretas neben dem Klimaschutz sei, dass irgendjemand „verdammt nochmal Dieter Nuhr endlich die Fresse polieren“ soll.

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