Hier sind die Elzacher „Schuttigen“ los – diese furchterregenden Gestalten der alemannischen Fasnet geben, passend zur Jahreszeit, diesem Schwarzwald-„Tatort“ (ARD) den kongenialen Rahmen. Denn hier scheinen alle enthemmt zu sein, Aggressionen prägen diesen Film von der ersten Minute an, hier regiert der Rausch, der immer neue Nahrung will, pausenlos, tagelang.
„Ich hab im Traum geweinet“, lautet, irritierend poetisch, der Titel dieses Krimis, der die Zuschauer mit seinen drastischen Bildern nicht schont. Das stößt ab – und ist doch nur konsequent. Autor Jan Eichberg und Regisseur Jan Bonny (er drehte unter anderem schon zwei Münchner „Polizeirufe“) zeigen Menschen, die sich dem Alkohol beziehungsweise der Lust auf animalischen, oft gewalttätigen Sex ergeben, die ihren Trieben wehrlos ausgeliefert zu sein scheinen – mit allen Konsequenzen. Ein explosiver Beziehungscocktail wurde da gemixt – eine Frau und drei Männer, ein Abgrund von Liebe, Hass und Verzweiflung, der in die Katastrophe führt.
Es passt zu dieser in ihrer Banalität schon wieder genialen Figurenkonstellation, dass der Mord erst nach einer guten halben Stunde passiert und dass bis zum Schluss unklar ist, wer tatsächlich der Täter respektive die Täterin war.
Geradezu demonstrativ setzen die Macher auf Akteure jenseits der (Fernseh-)Norm für Attraktivität. Es sind keine schönen Menschen, die da übereinander herfallen, Darja Mahotkin, Andrei Viorel Tacu, Andreas Döhler und Jean-Luc Bubert (nicht zu vergessen Bibiana Beglau als ebenfalls Betrogene) schonen sich nicht – und werden nicht geschont (Kamera: Stefan Sommer).
Da ist es kein Wunder, dass Bonny und Eichberg die Ermittler – Hans-Jochen Wagner als Friedemann Berg und Eva Löbau als Franziska Tobler so brillant wie nie – in diesem Setting ebenfalls die Kontrolle verlieren und im Suff im Bett landen lassen. Und auch hier gibt’s ein böses Erwachen, auch hier zeigen sich die Verletzungen, die Menschen einander zufügen können. Ein verstörender, ein in doppelter Hinsicht herausragender „Tatort“.