Als die AfD einmal kurz draußen war

von Redaktion

Am Tag nach der Wahl erklären ARD und ZDF die Differenz zwischen Prognose und Ergebnis

VON RUDOLF OGIERMANN

Es war eine Zahl, die bei vielen für spontanen Jubel sorgte – laut Prognose habe die AfD den Wiedereinzug in die Hamburgische Bürgerschaft verpasst, verkündete Jörg Schönenborn bei der Wahlsendung am Sonntagabend kurz nach 18 Uhr im Ersten. Laut Infratest Dimap komme die Partei auf 4,7 Prozent. Ähnliche Zahlen zur gleichen Zeit auch beim ZDF, da wurde der Stimmenanteil der AfD mit 4,8 Prozent angegeben, verbunden mit dem Hinweis, dass sich durchaus noch Veränderungen ergeben könnten. Trotzdem hatten diese Zahlen Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Politikerrunden in den Wahlstudios. In denen waren die Rechtspopulisten nicht vertreten, eingeladen werden laut den Sendern nur Repräsentanten von Parteien, die nach der ersten Prognose die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen haben.

Was alle anderen feierten, sorgte bei den Betroffenen für Unmut. Die Öffentlich-Rechtlichen hätten in den Prognosen absichtlich zu niedrige Werte angegeben, um sie von den Kameras und Mikrofonen fernzuhalten, hieß es aus AfD-Kreisen. Am Ende lag die Partei bei 5,3 Prozent, wogegen die FDP, die laut Prognose exakt 5,0 Prozent erreicht hatte und in den Gesprächsrunden vertreten war, nach Auszählung aller Stimmen mit 4,96 Prozent den Einzug in die Bürgerschaft verpasst hat.

Auf Anfrage unserer Zeitung äußerte eine ARD-Sprecherin gestern ihr Bedauern über den prognostizierten Wert für die AfD. Eine Differenz von 0,6 Prozentpunkten zwischen Prognose und Ergebnis könne allerdings „aus methodischen Gründen leider nicht ausgeschlossen werden“. Das komplizierte Hamburger Wahlrecht und der hohe Briefwähleranteil könnten entscheidend dazu beitragen, dass die Abweichungen zwischen Prognose und Ergebnis größer seien als in anderen Bundesländern, so die Sprecherin weiter. Bei kleineren Parteien wie der AfD und der FDP in der Hansestadt sei die Abweichung rund um die Fünf-Prozent-Hürde besonders sensibel: „Leider nehmen statistische Fehlertoleranzen, die im Rahmen von Wahlprognosen unvermeidbar sind, keine Rücksicht auf die im Wahlrecht definierten Hürden für den Einzug in ein Parlament.“

Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen, die für das ZDF die Prognosen und Hochrechnungen erstellt, betonte, die Prognose um 18 Uhr basiere „ausschließlich auf Umfragen vor den Wahllokalen und somit auf freiwilligen Angaben der Wähler“. Auch Jung verwies auf das „komplizierte Wahlrecht in Hamburg“, wodurch die Auszählung länger gedauert habe, „sodass selbst bei den Hochrechnungen gegen 20 Uhr noch nicht ausreichend ausgezählte Stimmbezirke vorgelegen haben“. Was die Abweichung zwischen Prognose und vorläufigem amtliche Endergebnis angehe, „so ist eine ist eine Differenz von 0,5 Prozentpunkten statistisch gesehen vollkommen in Ordnung“. Deshalb habe man stets darauf hingewiesen, dass ein Prognosewert von 4,8 oder fünf Prozent noch lange nichts darüber aussagen kann, ob es für die jeweilige Partei reicht oder nicht.“

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