Unser Star für Rotterdam?!

von Redaktion

Der 22-jährige Wahlberliner Ben Dolic fährt für Deutschland zum Eurovision Song Contest

VON JÖRG HEINRICH

Ein Mix aus Justin Timberlake und Michael Jackson soll 2020 beim Eurovision Song Contest die deutsche Musik-Ehre retten. Dieses Geheimnis ist seit gestern gelüftet. In der Show „Unser Lied für Rotterdam“ im Digitalsender One gab die ARD am Abend bekannt: Deutschland schickt den jungen Slowenen Ben Dolic (22) mit dem Lied „Violent Thing“ („Gewalttätiges Ding“) zum ESC, der am 16. Mai stattfindet. Statt per Publikumsentscheid wurde der Teilnehmer diesmal von gleich zwei Jurys aus 100 Zuschauern und 20 Experten gewählt. Das soll eine erneute Pleite wie 2019 mit dem vorletzten Platz für S!sters verhindern.

Mit Ben Dolic setzt das Erste erneut auf einen ehemaligen Teilnehmer von „The Voice of Germany“ – was 2016 mit dem letzten Platz für Jamie-Lee Kriewitz überhaupt nicht funktioniert hat. Dolic, der seit Kurzem in Berlin lebt, wurde 2018 im Team von Yvonne Catterfeld Zweiter bei „The Voice“, trat danach aber nicht mehr groß in Erscheinung. Sein ESC-Beitrag „Violent Thing“, der vom bulgarischen Erfolgs-Songschreiber Boris Milanov stammt, ist hochmoderner Pop im Boyband-Gewand mit elektronisch verfremdeter Stimme, die beinahe an Michael Jackson erinnert. Erster Eindruck: Dieser Mix könnte beim ESC funktionieren. Deutschland schickt den wohl professionellsten Beitrag seit Lena Meyer-Landruts Sieg 2010 mit „Satellite“ zum Song Contest. Deshalb wollte die ARD auch nicht riskieren, dass sich die Zuschauer in einem Vorentscheid „versehentlich“ für einen anderen Teilnehmer entscheiden.

ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber schwärmt: „Ben Dolic ist ein Ausnahmetalent.“ Komponist Milanov geht noch weiter: „Er muss den Vergleich mit Pop-Giganten wie Justin Timberlake oder Michael Jackson nicht scheuen.“ Auch wenn der Bulgare natürlich übertreibt, weiß er jedenfalls, wie Erfolg beim ESC funktioniert. Seine Titel schafften es in den vergangenen vier Jahren immer unter die Top 7 und gleich drei Mal unter die Top 4 – unter anderem mit Cesár Sampson, der 2018 in Lissabon für Österreich mit „Nobody but you“ Dritter wurde. Dass der europaweit gefragte ESC-Profi nun für Deutschland schreibt und dass Timberlake-Choreograf Marty Kudelka den Auftritt inszeniert, dürfte die ARD eine Stange Geld gekostet haben. Denn das musikalische Wettrüsten wird immer teurer.

Ein Risiko bleibt aber. 25 der 35 ESC-Länder hatten ihre Teilnehmer schon vor Deutschland bekannt gegeben. Ob sich die „Informationsverknappung“, wie es Schreiber nennt, und die gut versteckte Show auf One auszahlen, muss sich zeigen. Denn eine goldene Eurovisions-Regel lautet: Nur wenn ein Land selbst von seinem Beitrag begeistert ist, kann es auch den Rest Europas damit anstecken – so wie „Satellite“. Moderatorin Barbara Schöneberger ist im ESC-Werbevideo des NDR, das seit dem 10. Februar auf Youtube gerade einmal 28 000 Mal angeklickt wurde, jedenfalls optimis-tisch: „Das wird so gut wie nie, twelve points for Germany.“ Und Ben Dolic selbst verspricht: „Ich finde, wir haben für den ESC einen perfekten Song, und ich werde alles für Deutschland geben.“

Artikel 2 von 2