Sie zählt zu den bekanntesten Gesichtern des deutschen Films: Anna Maria Mühe. Im Dreiteiler „Unsere wunderbaren Jahre“, den die ARD heute um 20.15 Uhr sowie am 21. und 25. März zeigt, spielt die 34-Jährige die Tochter eines Unternehmers aus dem Sauerland: Die Filme nach dem Roman von Peter Prange erzählen das Schicksal einer Familie in der Bundesrepublik zwischen Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder. Mühe kam 1985 in Ost-Berlin als Tochter der Schauspieler Jenny Gröllmann und Ulrich Mühe zur Welt, als 15-Jährige wurde sie in einem Lokal entdeckt und zum Vorsprechen eingeladen. Ihre erste Filmrolle spielte sie 2002 in „Große Mädchen weinen nicht“, seitdem ist sie gut im Geschäft. Wir sprachen mit Mühe, die Mutter einer Tochter ist und in Berlin lebt, über „Unsere wunderbaren Jahre“.
Der Dreiteiler schlägt den Bogen vom Jahr 1948 mit der Währungsreform bis in die Wirtschaftswunderzeit. Damals begann das Zeitalter des Massenkonsums…
Und darunter leiden wir bis heute. Man muss sich ja nur den Klimawandel angucken, um das zu sehen. Wenn der Mensch nicht das richtige Maß findet, dann geht die Welt unter, das ist eine einfache Rechnung. Wir müssen versuchen, das richtige Maß wieder zu finden, uns neu zu definieren, für uns und auch für unsere Kinder.
Und Sie gehen mit gutem Beispiel voran?
Ich versuche es. Ich habe mir zum Beispiel ab diesem Jahr vorgenommen, keine innerdeutschen Flüge mehr zu nutzen, sondern mit der Bahn zu fahren. Und ich versuche, so wenig in Plastik verpackte Produkte zu kaufen wie möglich, obwohl das im Supermarkt oft schwierig ist. Ich frage mich, warum es nicht verboten wird, dass zum Beispiel Tomaten oder Gurken in Plastikfolie verpackt werden. Damit wäre doch schon einiges getan.
Im neuen Dreiteiler verkörpern Sie wie auch schon in der ZDF-Bauhaus-Serie „Die neue Zeit“ eine Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft…
Ich finde es spannend, solche Epochen aus dem weiblichen Blickwinkel zu betrachten. Die Frauen, die während des Kriegs selbstständig sein mussten, wurden in den Fünfzigern plötzlich wieder zurück an den Herd geschickt. Als Schauspielerin empfinde ich es als große Chance, auch der kommenden Generation zu zeigen, dass der Weg zur Gleichberechtigung keinesfalls leicht war. Es waren große Kämpfe nötig, damit wir Frauen an dem Punkt ankommen, wo wir heute stehen.
Aber echte Gleichberechtigung gibt es immer noch nicht…
Nein, überhaupt nicht. Mir ist sehr bewusst, dass es uns heute als Frauen viel besser geht als in früheren Zeiten. Dennoch ist die Gleichberechtigung noch lange nicht da angekommen, wo sie sein sollte. Dass Frauen im Job für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer, ist ja zum Beispiel ein solcher Aspekt.
Welche Frau aus der Weltgeschichte inspiriert Sie?
Ein Vorbild habe ich nicht. Aber dadurch, dass ich mich für die Serie „Die neue Zeit“ mit der Bauhaus-Künstlerin Dörte Helm beschäftigt habe, ist das eine Figur, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Ich kann jedem nur empfehlen, sich mit der Biografie dieser Frau zu beschäftigen.
Sie haben wiederholt in historischen Filmen gespielt. Wie erklären Sie das große Interesse des Publikums an solchen Themen?
Es ist immer wieder spannend, sich in eine solche Zeit fallen zu lassen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es damals gewesen sein könnte. Für die Zuschauer, aber auch für die Macher. Wir zeigen ja nicht mit dem Finger drauf und sagen: „So war es!“ Aber wir versuchen, den Dingen gerecht zu werden. Und wir Schauspieler freuen uns, weil wir dadurch große Geschichten erzählen können.
In welche Epoche würden Sie am liebsten reisen, wenn es möglich wäre?
Definitiv in die Zwanzigerjahre. Das geht los mit der Mode, die finde ich in dieser Epoche am schönsten, für Frau und Mann. Die Zeit war wahnsinnig aufregend und progressiv, da reinzuschnuppern würde mir enormen Spaß machen.
Was ist mit der Zeit, in der „Unsere wunderbaren Jahre“ spielt?
Das ist eine sehr schwierige Zeit. Der Krieg war gerade erst zu Ende, niemand wusste, wohin es jetzt geht, die Kinder hatten unter den Altlasten der Eltern zu leiden, die auf sie übertragen wurden – das stelle ich mir alles sehr schwierig vor.
Was kann die Beschäftigung mit der Nachkriegsära uns heute geben?
Der Stoff führt uns vor Augen, wie wichtig es ist, sich gegen die neuen Rechten zu wehren. Weil es sonst ganz schnell nach hinten losgehen kann.
Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski.