Perlen im Programm

von Redaktion

SERIE (1) Was die Mediatheken für lange Abende daheim anbieten – von ARD bis Arte

VON KATRIN BASARAN, KATJA KRAFT, STEFANIE THYSSEN UND RUDOLF OGIERMANN

Viel Zeit daheim verbringt man in diesen Tagen – kein Wunder, dass der Fernsehkonsum bei vielen Menschen in die Höhe schnellt (wir berichteten). Nicht nur die Sondersendungen rund um Corona sind außerordentlich gefragt, auch das „normale“ Programm wird stark eingeschaltet. Wir möchten Ihnen in den nächsten Tage im Rahmen einer kleinen Serie Perlen im Programm vorstellen, die online in den Mediatheken abgerufen werden können. Wir starten mit dem Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF, BR und Arte. Es gibt eine Menge zu entdecken. Hier unsere Auswahl:

ARD

Wunderbar abschalten vom derzeit anstrengenden Alltag kann man mit Ina Müller. Die ARD hat eine ganze Reihe alter Folgen „Inas Nacht“ in ihrer Mediathek bereitgestellt. Ein absoluter Höhepunkt ist die Folge mit Elyas M’Barek und Frederick Lau.

Dokus laufen in der Regel zu später Stunde, sind aber oft sehenswert. Der Film „Schloss Neuschwanstein – Vom Mythos zur Marke“ lohnt sich zum Beispiel sehr – und lässt sich dank Mediathek jederzeit abrufen.

„Zwischen zwei Herzen“ klingt nach Kitsch, aber die Hauptdarsteller Anna Schudt, Felix Klare und Mark Waschke machen den Film zu einem wirklich netten Zeitvertreib.

ZDF

Historienfilme und -mehrteiler sind ein beliebtes Genre – man denke an „Charité“ und aktuell „Unsere wunderbaren Jahre“(beide ARD). Doch auch das ZDF hat in seiner Mediathek in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Ins Berlin der Fünfzigerjahre eintauchen kann man in dem Doppeldreiteiler „Ku’damm 56“/„Ku’damm 59“. Die Geschichte der Tanzschulenbesitzerin Caterina Schöllack (Claudia Michelsen), die ihre drei Töchter (Sonja Gerhardt, Emilia Schüle und Maria Ehrich) gut verheiraten will, ist exzellent gespielt und erinnert an die schwierige gesellschaftliche Situation der Frauen in dieser Zeit.

Ans Reisen ist im Moment nicht zu denken. Geradezu grotesk der Gedanke, jetzt unbeschwert auf einem Kreuzfahrtschiff über die Weltmeere zu schippern und ferne Länder zu sehen. Wer einfach virtuell das Weite suchen will, dem sei das gute alte „Traumschiff“ empfohlen“. Die Mediathek hält derzeit zwölf Folgen aus den vergangenen Jahren bereit.

Selten hat eine Serie das Lebensgefühl heutiger Mittdreißiger so gut auf den Punkt gebracht wie die höchst sehenswerte Miniserie „Fett und Fett“. Jakob Schreier führt uns einen von ihm selbst wunderbar unbeholfen gespielten Münchner vor, der von einem Problem ins nächste stolpert – ohne zu verstehen, dass sein größtes Problem ist, dass er keines hat. In einer Welt, in der einem alle Türen offen stehen, fällt es anscheinend nicht so leicht, eine Tür zu wählen.

BR

Gerhard-Polt-Fans kommen derzeit in der BR-Mediathek voll auf ihre Kosten. In der zwölfteiligen Serie „Fast wia im richtigen Leben“ (1979 – 1988) spürt der Kabarettist in unterschiedlichsten Situationen dem alltäglichen Wahnsinn nach. Dafür schlüpft er in die ganz unterschiedliche Rollen Als Feinschmecker oder Vorarbeiter, als Finanzbeamter oder Bestatter deckt er zwar gern verborgene, doch allzu menschliche Seiten auf. An seiner Seite die geniale Gisela Schneeberger. Zum Brüllen komisch.

Das Historiendrama „Räuber Kneißl“ (2008) von Regisseur Marcus H. Rosenmüller erzählt das kurze Leben des legendären bayerischen Kriminellen Mathias Kneißl (1875 – 1902), der um die Jahrhundertwende in Bayern sein Unwesen trieb. Eigentlich will Kneißl, unschuldig verurteilt und aus Armut zum Verbrechen gezwungen, ehrlich werden und mit seiner großen Liebe nach Amerika auswandern – doch ein letzter Coup endet tragisch. Eine sehenswerte Mischung aus Western und Heimatfilm.

Mord und Totschlag in Venedig – die Krimireihe „Donna Leon“ sorgte zwischen 2000 und 2019 regelmäßig für Nervenkitzel. Doch dank ihres kauzigen Commissario Brunetti hatte das Verbrechen in der Lagunenstadt nie eine Chance. Im BR-Angebot lässt sich einiges entdecken. So gibt es einWiedersehen mit Joachim Król als erstem Brunetti in „Vendetta.“

Arte

„Tanz, Macht, Missbrauch – Das Ende des Schweigens?“ Die #MeToo-Debatte ist auch in der Welt des Tanzes angekommen. Zu Recht. Lena Kupatz’ und Lina Schienkes Doku zeigt auf, wie weltweit der Druck auf die Tanzkompanien wächst, ihre eigenen Strukturen zu hinterfragen. Denn kaum ein professioneller Tänzer, der nicht schon Opfer sexueller Übergriffe war. Eine Historikerin erklärt, warum gerade die Tanzszene diese fragwürdigen Machtstrukturen begünstigt. Die Ballerina lebte im 19. Jahrhundert vor allem von spendablen Liebhabern, spielte eine Rolle „zwischen Heiliger und Hure“. Und auch heute ist das Gehalt für Tänzerinnen und Tänzer gering, Jobs gibt es wenige. Jeder ist leicht zu ersetzen. Und wo man leicht zu ersetzen ist, lässt man unangebrachtes Verhalten leichter über sich ergehen. Doch die Filmemacherinnen geben Hoffnung: Sie besuchen das Scottish Ballet in Glasgow, das neue Wege eines respektvollen Umgangs aller Ensemblemitglieder miteinander sucht – damit jeder ohne Angst sagen kann, wenn etwas nicht stimmt.

Sie sehnen sich in diesen Tagen nach etwas Balsam für die Seele? Na, dann schauen Sie sich einmal „Kedi – von Katzen und Menschen“ an. Oder zweimal oder dreimal. Weil dieser Dokumentarfilm direkt ins Herz trifft – und uns in Quarantänezeiten auf eine digitale Reise in den Süden mitnimmt. Ceyda Torun folgt mit der Kamera den Straßenkatzen Istanbuls. In der Stadt am Bosporus tummeln sie sich in Scharen. Denn früher brachten Seefahrer sie auf ihren Schiffen als Rattenfänger mit. Von den berührenden Beziehungen zwischen Katz und Mensch erzählt dieser Film so einnehmend, dass man selbst vor Entzücken schnurrt.

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