Das Vermächtnis

von Redaktion

Schon todkrank, drehte Hannelore Elsner „Lang lebe die Königin“, jetzt kommt ihr letzter Film ins Fernsehen

VON BRITTA SCHULTEJANS

Was muss das für ein Gefühl sein, eine todkranke Frau zu spielen, wenn man selbst sterbenskrank ist? Vor gut einem Jahr, am 21. April 2019, starb Hannelore Elsner mit 76 Jahren an Krebs. Kurz zuvor hatte sie noch für ihren letzten Film vor der Kamera gestanden – als krebskranke Frau. In „Lang lebe die Königin“ spielt sie eine Mutter, die unheilbar krank ist und trotzdem nicht damit aufhören kann, ihrer Tochter das Leben schwer zu machen.

An diesem Mittwoch, eine Woche nach Elsners erstem Todestag, zeigt das Erste um 20.15 Uhr diesen Film, der zum Vermächtnis der großen Schauspielerin geworden ist. Weil ihre Kräfte sie kurz vor Ende der Dreharbeiten verließen, sprangen fünf hochkarätige Kolleginnen ein, um die fehlenden Szenen zu drehen – Iris Berben, Hannelore Hoger, Eva Mattes, Gisela Schneeberger und Judy Winter.

„Hannelore Elsner hat ihren Beruf sehr geliebt“, sagt Berben: „Und der Beruf hat auch Hannelore Elsner sehr geliebt. Dass ich in diesem Film eine Szene übernommen habe, die sie nicht mehr spielen konnte, war eine letzte Verneigung vor ihr.“ Und Judy Winter meint: „So haben wir ihr zeigen können, wie sehr wir sie als Schauspielerin geschätzt haben.“

Die fünf treten nun jede in jeweils einer Szene auf, doch so herausragend sie in ihren eigenen Rollen sicher sind – Elsner spielt sie als zerrissene Persönlichkeit zwischen Lebenslust und Härte postum alle an die Wand.

Im Zentrum des Films über die an Krebs sterbende Frau steht die komplizierte Beziehung zu ihrer Tochter Nina (Marlene Morreis), die um die Anerkennung und die Liebe ihrer Mutter kämpft, sie aber auch dann nicht bekommt, als die im Sterben liegt. An Elsners Seite glänzt Günther Maria Halmer als ihr bedingungslos liebender Lebenspartner.

Halmer wurde damals vom Tod seiner Kollegin völlig überrascht. „Alle waren wie vor den Kopf geschlagen“, erinnert er sich: „Die Hannelore hat am Set viel gelacht – sie war eigentlich so, wie ich sie kannte.

„Lang lebe die Königin“ ist eine Tragikomödie, doch die Tragik überlagert alles, weil jedem Zuschauer klar sein muss, dass Elsner ihr eigenes Schicksal, ihren eigenen Tod, in ihrer Rolle vorwegnimmt. In ihrer letzten Szene ihres letzten Filmes liegt sie im Sarg. Eine fast unvorstellbare Kraftanstrengung.

„Sie wollte bis zum Schluss arbeiten, bis zum Schluss das Leben fühlen. Vom Tod wollte sie nie etwas wissen“, sagte ihr Sohn Dominik Elstner, den sie aus einer Beziehung mit dem Regisseur Dieter Wedel hat, kurz vor dem ersten Todestag seiner Mutter der „Bild“-Zeitung: „Wann immer das Thema zur Sprache kam, wurde sie unwirsch, selbst, als es ihr schon sehr schlecht ging.“

„Ohne Spiel ist mir das Leben einfach zu ernst“ hatte Elsner in ihrer Biografie geschrieben. Dieser Satz bestimmte auch die Trauerfeier für sie in München, bei der Weggefährtinnen und Weggefährten sie feierten.

Jahrzehntelang hatte Elsner die Film- und Fernsehlandschaft in Deutschland geprägt. Schon als Jugendliche stand die Schauspielerin, die vielen als Diva mit Allüren galt, vor der Kamera. In mehr als 200 Fernseh- und Kino-Rollen war sie zu sehen. Im Fernsehen war sie besonders erfolgreich als „Die Kommissarin“, 1994 bis 2006 im Ersten zu sehen.

Was Deutschland mit Elsner verloren hat, zeigt ihr letzter Film. Was ihr Sohn verloren hat, beschreibt er so: „Weihnachten, Ostern, mein Geburtstag – all diese Anlässe sind sehr farblos geworden, seit sie nicht mehr da ist.“

Artikel 2 von 2