„Ich wollte nicht das Gretchen spielen“

von Redaktion

INTERVIEW Schauspielerin Maj-Britt Klenke über „Das freiwillige Jahr“, Traumrollen und Herzensprojekte

Der alleinerziehende Arzt Urs hilft, wo er kann. Auch Tochter Jette soll sich für andere engagieren und für ein Jahr nach Costa Rica gehen. Die Abiturientin hat darauf keine Lust, will ihren Vater aber nicht enttäuschen. Auf dem Weg zum Flughafen reißt Jette jedoch kurz entschlossen aus und versteckt sich. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Maj-Britt Klenke spielt die Hauptrolle in Ulrich Köhlers und Henner Wincklers Film „Das freiwillige Jahr“, den das Erste heute um 20.15 Uhr zeigt. In weiteren Rollen sind Sebastian Rudolph, Thomas Schubert und Katrin Röver zu sehen.

Sie kommen vom Theater, in diesem Film agieren Sie oft stumm – man muss in Ihrem Gesicht lesen, was Sie zu sagen haben…

Ja, auf der Bühne braucht man ganz andere Mittel, weswegen ich manchmal das Gefühl habe, dass das zwei ganz verschiedene Berufe sind.

Eine große Umstellung?

Ich hatte das Glück, dass ich davor einen Kurzfilm drehen konnte („Postkids“, Red.), das war ganz gut, um zu checken, was ich machen muss, weil die Tendenz schon da ist bei Leuten, die viel Theater spielen, dass sie vor der Kamera zu viel machen.

Wie würden Sie sich privat sehen? Können Sie gut Nein sagen – oder lassen Sie sich auch schon einmal zu etwas überreden, wovon Sie nicht überzeugt sind?

Nein, ich weiß schon ganz gut, was ich will und was ich nicht will – und kann das auch artikulieren.

Betrifft das auch Rollenangebote, bei denen Sie sagen: Das würde zwar jetzt Geld bringen, gefällt mir aber nicht?

Ja. Und zwar sowohl am Theater als auch beim Film. Ich hatte nicht so große Lust, das Gretchen zu spielen oder andere klassische Frauenfiguren. Das war mit der Grund für mich, freiberuflich arbeiten zu wollen, weil ich es schon schätze, mir die Sachen aussuchen zu können, die mich interessieren. Auch wenn mich das finanziell immer wieder in die Bredouille bringt.

Was hätten Sie lieber gespielt als das Gretchen?

Puh! Es gibt viele spannende Figuren. Und es gibt die Möglichkeit, Rollen unabhängig vom Geschlecht zu besetzen. Viele Theater machen das ja auch schon.

Ein freiwilliges Jahr im Ausland – wäre das für Sie infrage gekommen?

So etwas Ähnliches habe ich gemacht. Ich war mit 16 ein halbes Jahr in Kapstadt an der Deutschen Internationalen Schule. Das war eine interessante Erfahrung insofern, als die Nachwirkungen der Apartheid für mich total spürbar waren.

Sie schreiben an einem eigenen Theaterstück…

Ja, weil ich das Gefühl habe, dass meine Lebenswirklichkeit auf der Bühne selten repräsentiert wird. „Romeo und Julia“ wird rauf und runter gespielt und ist jedem ein Begriff, aber dass zwei Frauen auf der Bühne eine Liebesgeschichte erleben, kommt eher selten vor. Das wollte ich ändern.

Worum geht es?

Um eine Frau, die als Übersetzerin im Bundesamt für Migration arbeitet. Die lernt eine Frau aus Syrien kennen, deren Asylverfahren läuft; für sie übersetzt sie. Die beiden verlieben sich ineinander, doch dann muss die Syrerin wieder zurück in ihrer Heimat, die Liebesgeschichte geht aber weiter.

Wie weit sind Sie?

Ich denke, es ist zur Hälfte fertig, aber ich habe gemerkt, dass ich noch ein bisschen recherchieren muss.

Was wäre, vom Theaterstück mal abgesehen, ein Herzensprojekt? Was würden Sie gerne machen – nach der Corona-Krise?

Puh! Da gäbe es viele Sachen. Ich würde gerne an einem coolen Projekt mitwirken, in dem eine queere (nicht der heterosexuellen Geschlechternorm entsprechend, Red.) Geschichte erzählt wird, ich würde gerne in einem Sarah-Kane-Stück spielen. Es gibt bestimmte Leute, mit denen ich gerne arbeiten würde. Ach, ich kann mich gar nicht entscheiden!

Das Gespräch führte Rudolf Ogiermann.

Artikel 2 von 2