Fernsehen, Instagram, Podcast: Ob man will oder nicht, an Oliver Pocher kommt man dieser Tage kaum vorbei. Nun versucht er sich an einer Reisedoku – und nimmt dafür seinen braven Vater mit. Überraschend: Es ist mehr Familientherapie als Krawallfernsehen.
Es gibt dieses Klischee über Männer im Rentenalter. Das besagt, dass sie am liebsten in ihrem Fernsehsessel sitzen, ihre Ruhe haben wollen und über ihre Verdauung nachdenken. Gerd Pocher, 70 Jahre alt und Vater von Komiker Oliver Pocher (42), passt nicht in dieses Bild. Er ist für sein Alter noch ziemlich gelenkig, offenbar gerne unterwegs und macht nahezu jeden Quatsch mit. Außer die Sache mit dem stillen Örtchen. Das ist schon ein großes Thema für ihn.
„Immer, wenn ich aufstehe, muss ich auf Toilette“, sagt er, als die beiden für die neue Reisedoku „Pocher und Papa auf Reisen“, die heute um 20.15 Uhr auf RTL startet, in einem thailändischen Dorf angekommen sind. Das Problem: In dem Dorf gibt es dafür im Grunde nur ein paar Eimer. Man könne hier also keinesfalls bleiben, legt sich Pocher senior fest. Punkt. Sein Sohn kichert.
Der oft krawallige Oliver Pocher, sein Papa, Thailand und ein Gespräch über Toilettengang – das klingt zunächst mal nach ziemlich gruseligem Trash-TV. Aber: So einfach liegen die Dinge hier nicht. Die Show, mit der RTL den zuletzt ohnehin gut beschäftigten Oliver Pocher abermals zur besten Sendezeit ins Programm nimmt, hat mehr Zwischentöne, als man vermuten würde. Das liegt vor allem daran, dass sie nicht nur Reiseshow ist – sondern auch Familien-Doku.
Gerd Pocher stammt aus Großburgwedel bei Hannover und ist Buchhalter. Beides klingt nicht gerade nach Entertainment, der Branche, in der sein Sohn sein Geld verdient. Dennoch lässt sich der alte Herr auf das Experiment ein, nur mit dem Sohn zu verreisen. Das Besondere obendrein: Es ist für die beiden das erste Mal. In der ersten Folge geht es nach Thailand, in der zweiten eine Woche später in die USA. Beides wurde noch Anfang des Jahres gedreht. Ursprünglich waren noch mehr Reisen angedacht, aber dann kam Corona dazwischen.
In Asien klappern die Pochers ein Thailand-Bilderbuch ab: Sie knattern in einem Tuk-Tuk-Taxi herum, tanzen bei einer Varieté-Show, lassen sich Anzüge schneidern, stehen eingecremt am Strand, gehen zu einer Massage. Das ergibt lustige Bilder, weil Papa Pocher dafür auch mal Frauenklamotten anzieht oder stoisch wie ein Buddha vor einem Masseur liegt.
Allerdings soll auch ein buddhistisches Kloster besucht werden, und das wird interessant. Denn: Vater Pocher ist Zeuge Jehovas. Er will nicht in das Kloster. Buddhismus sei für ihn die falsche Religion, erklärt er. „Du weißt, dass ich Zeuge Jehovas bin?“, fragt er seinen Sohn. Der sagt: „Ich musste den Kram mitmachen, ich weiß das wohl ganz genau.“ In einem Einzelinterview berichtet er dann von einer Kindheit, in der er viel Zeit in Fußgängerzonen mit der Publikation „Der Wachtturm“ verbracht hat. Sein Vater erzählt, dass Oliver sich bedauerlicherweise entschieden habe, die Zeugen Jehovas zu verlassen. Das Thema Religion trennt die Pocher-Männer, so viel wird klar. Und es ist bemerkenswert, dass der junge Pocher so offen mit dem Thema umgeht, um das er in den vergangenen Jahren, so hatte es den Anschein, gern einen Bogen gemacht hat.
Zurück zur Doku: Was Papa und Sohn verbindet, erfährt man auch: Beiden ist wenig wirklich peinlich. Wenn etwas schief geht, wird einfach weitergemacht. „Bis wir gescheitert sind, da muss schon einiges passieren“, sagt Oliver Pocher dazu. Gerade wurde seine Late Night Show „Pocher – gefährlich ehrlich!“ auf RTL in den Sommer verlängert. Er ist wieder gut im Geschäft. Und nach dieser Dokumentation hat man den Eindruck: Der Papa hat daran seinen Anteil.