Wer auf die Website des Schweizer Unternehmens Nestlé geht, wähnt sich bei Wohltätern. Der weltweit größte Lebensmittelkonzern setzt sich nach eigenen Angaben gegen Kinderarbeit im Kakaoanbau ein, kämpft für Wildbienen und den Naturschutz. Einen Klick weiter erfährt man Nostalgisches aus der mehr als 200 Jahre alten Firmengeschichte, denn bereits 1814 kochte Henri Nestlé aus Milch, Zucker und Weizenmehl die erste Babynahrung. Warum aber gerät der Lebensmittelriese, der unsere Discounter mit rund 2000 Marken überschwemmt (siehe Kasten), immer wieder in die Kritik? Die ZDF-Dokumentation „Der große Nestlé-Report“, zu sehen heute um 20.15 Uhr, nimmt den Konzern kritisch ins Visier. Geschmack, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Fairness werden getestet. Das Ergebnis ist ernüchternd. Weshalb es gut wäre, Nestlé-Produkte künftig von der Einkaufsliste zu streichen:
Geschmack
Eine Umfrage im Supermarkt zeigt, dass kaum ein Kunde weiß, wie viele Marken mittlerweile zum Nestlé-Konzern gehören. Das Sortiment reicht von Senf von Thomy über Suppen von Maggi bis zu Pizza von Wagner. Die ZDF-Doku von Tugay Tumay macht den Geschmackstest mit 80 Personen. In der Blindverkostung triumphieren Kakao, Tomatensuppe, Pizza und Frühstücksmüsli von Nestlé über die Konkurrenz. Die Tester sind sich einig: Der Geschmack ist spitze. Warum, verrät die Analyse im Lebensmittellabor. In den Fertigprodukten von Nestlé sind deutlich mehr Fett, Zucker und künstliche Aromen enthalten als bei den getesteten Alternativen.
Nachhaltigkeit
Ein Zehntel seines Umsatzes in Deutschland macht Nestlé mit Wasser. Vittel, San Pellegrino, Aqua Panna und Perrier sind nur einige der klangvollen Namen, die zum Konzern gehören. Doch wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus? Ein Besuch im französischen Ort Vittel in den Vogesen. Hier holt Nestlé mit Erlaubnis der Behörden jährlich eine Million Kubikmeter Wasser aus der Tiefe und beutet dabei das Grundwasser aus. „Das ist kriminell“, sagt Umweltaktivist Bernard Schmitt im Film. „Wenn sich die tiefen Wasserspeicher nicht wieder auffüllen, wird die Bevölkerung darunter leiden.“ Weltweit kauft der Konzern Wasserrechte von Staaten, darunter auch in Südafrika, Pakistan und Äthiopien. Dort, wo das Wasser ohnehin schon knapp ist, pumpt Nestlé es ab – und verkauft es teuer.
Gesundheit
Die Münchnerinnen Andrea und Dilek wagen ein zweiwöchiges Experiment. Während sich die sonst sehr gesundheitsbewusste Andrea ausschließlich von Nestlé-Fertigprodukten ernährt, kocht Dilek dieselben Gerichte mit frischen Zutaten nach. Ein Gesundheitscheck vor und nach der Testphase zeigt, dass Andrea in nur zwei Wochen ein Kilo zugenommen hat. Die Cholesterinwerte der Nestlé-Probandin sind zudem gestiegen. Dilek hat in den zwei Wochen ein Kilo verloren. Der Verzicht auf Fertigprodukte hat ihre Blutwerte deutlich verbessert.
Fairness
Das Schweizer Unternehmen ist an der Börse notiert und erfreut seine Aktionäre mit steigenden Kursen. Die kann es nur halten, wenn es auf Gewinnmaximierung setzt. Weniger lukrative Sparten wie das Caro-Kaffee-Werk in Ludwigsburg wurden deshalb geschlossen. Auch im Umgang mit Angestellten ist es mit der Fairness nicht weit her. Besonders betroffen sind Länder mit einem niedrigen Arbeitsschutzniveau. Der Film zeigt, dass Angestellte, die sich in Russland für eine bessere Bezahlung einsetzen, schikaniert und zur Kündigung gezwungen werden.
Fazit
Wer etwas für die eigene Gesundheit, die Ressourcen dieser Welt und faire Arbeitsbedingungen tun will, sollte den „Welternährer“ Nestlé bei seiner Gewinnmaximierung nicht unterstützen.