Er gehört zu Deutschlands feinstem Schauspiel-Adel und liefert auch in der hinreißenden Scheidungskomödie „Und wer nimmt den Hund?“ ein echtes Kabinettstück ab: Ulrich Tukur spielt den gelangweilten Ehemann Georg, der seine Gattin Doris (Martina Gedeck) für eine jüngere verlässt – was Doris sich nicht bieten lässt. Mit dem Film beginnt heute um 20.15 Uhr die „Sommerkino“-Reihe der ARD, immer montags und dienstags laufen in der Ferienzeit große Kinoproduktionen als TV-Premieren. Wir sprachen mit dem 62-jährigen Tukur, der seit zehn Jahren auch als „Tatort“-Ermittler Murot im Einsatz ist, über Drehen in Zeiten von Corona, den Abschied aus seiner langjährigen Wahlheimat Venedig und glückliche Beziehungen.
Sie stehen neuerdings nach der Corona-bedingten Drehpause wieder vor der Kamera. Sind Sie froh, endlich wieder arbeiten zu dürfen?
Wer wäre es nicht? Es ist großartig, dass wenigstens der Film wieder funktioniert. Dramatisch ist nach wie vor die Lage des Theaters und der Konzertveranstalter.
Für Filmproduktionen gilt ein umfangreicher Regelkatalog zum Schutz vor dem Virus. Wie hinderlich sind diese Maßnahmen bei den Dreharbeiten?
Sie sind blödsinnig. Wir sind alle negativ getestet und müssen dieses absurde Theater täglich neu über uns ergehen lassen. Ich weiß nicht einmal, wie meine Maskenbildnerin aussieht.
Manche Leute glauben, dass in der Corona-Krise auch eine Chance liegt – dass die Menschen in der westlichen Welt einen Gang zurückschalten, weniger konsumieren. Sehen Sie das auch so?
Ach, wäre das schön, wenn diese schreckliche Globalisierung und der Ausverkauf von Natur, Würde und Anstand endlich aufhörte oder wenigstens etwas zurückgefahren würde. Aber die Macht des Geldes und die grenzenlose Dummheit der Menschen werden sicher dafür sorgen, dass die Dinge früher oder später wieder genauso weiterlaufen wie vor der Krise.
Was haben Sie während des Lockdowns gemacht, als Sie nicht drehen konnten?
Ich habe den Stillstand genossen. Ich stand aber auch nicht mit dem Rücken zur Wand wie viele meiner Kollegen. Das hat den Spaß an dieser unerwarteten Verschnaufpause doch etwas getrübt. Ich habe gelesen, Klavier gespielt und nur selten einen meiner ganz frühen Filme angeschaut, die noch schwarz-weiß mit Kurbelkamera und stumm gedreht wurden. (Lacht.)
Kommen wir zu „Und wer nimmt den Hund?“. Es geht um die gescheiterte Ehe zweier Menschen, die 25 Jahre lang zusammen waren. Was haben die Zwei falsch gemacht?
Sie haben nichts falsch gemacht. Eine Beziehung ist so sterblich wie der Körper eines Menschen, der eine Beziehung zu einem anderen unterhält. Nach langer Wegstrecke streben die Dinge der Auflösung entgegen. Man muss höllisch aufpassen und bewusst daran arbeiten, eine Ehe am Leben zu erhalten.
Als junges Paar haben die zwei einen gemeinsamen Lebenswunschzettel verfasst, darauf steht: Lebendig bleiben, verrückt bleiben. Steht das auch auf Ihrem Wunschzettel?
Ich gehe in keine Beziehung mit einem Wunschzettel oder einer Auflistung von Verhaltensregeln.
Glauben Sie an die ewige Liebe, sind Sie ein Romantiker?
Ich glaube an Seelenverwandtschaft und daran, dass es zwei Menschen miteinander ein ganzes Leben gut aushalten können. Ich versuche gerade, den Beweis dafür anzutreten. Romantiker bin ich sowieso.
Der untreue Mann, die verlassene Frau – der Stoff des Films ist ein Klassiker. Was hat Sie daran gereizt?
Die glänzenden Dialoge von Martin Rauhaus, die einfühlsame Regie von Rainer Kaufmann und meine wunderbare Kollegin Martina Gedeck als Partnerin. Ich kenne Martina schon lange. Wir sind wohl das, was man ein eingespieltes Team nennt.
Der titelgebende Hund des Ehepaars stirbt in dem Film. Für Sie als langjährigen Hundebesitzer eine sehr emotionale Szene?
Nicht so wirklich. Der Hund hat ja seinen Tod schadlos überlebt.
Das Gespräch führte
Cornelia Wystrichowski.