Die Mutter der Nation

von Redaktion

Die Schauspielerin und „Lindenstraße“-Ikone Marie-Luise Marjan wird 80 Jahre alt

VON PETRA ALBERS

Als „Mutter Beimer“ aus der „Lindenstraße“ kennt sie wohl fast jeder. Die Rolle der Helga, die sie mehr als 34 Jahre lang spielte, machte Marie-Luise Marjan zu einer Art „Mutter der Nation“. Im März lief die letzte Folge der ARD-Dauerserie. Dass es zu Ende geht, stand lange vorher fest – und kam für die Schauspieler dann doch in gewisser Weise abrupt. Das geplante Abschiedsfest musste ausfallen, unmittelbar vorher hatte der Quasi-Lockdown wegen Corona begonnen. „Das ist wirklich sehr traurig. Wir konnten uns gar nicht richtig voneinander verabschieden“, sagt Marjan, die an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird.

Ganz abgeschlossen hat die Schauspielerin mit der „Lindenstraße“ aber noch nicht. „Um mein Bett herum stehen immer noch Drehbücher, an der Wand hängen noch die Stablisten“, erzählt sie. „Eigentlich merke ich erst jetzt, mit ein paar Monaten Abstand, wie viel mir fehlt.“ Langweilig sei es ihr seitdem jedoch nicht geworden. „Ich genieße es, mir den Tag selbst einzuteilen und zu strukturieren“, sagt Marjan. „Ich räume in der Wohnung auf, gehe spazieren und fahre gerne Rad“ – zum Beispiel entlang des Rheins in Köln, wo sie überwiegend lebt. Während der Zeit der Kontaktbeschränkungen habe ihr am meisten der regelmäßige Schwimmbadbesuch gefehlt. „Das Schwimmen habe ich sehr vermisst, weil ich normalerweise einmal pro Woche gehe.“

Marjan wollte schon als Kind Schauspielerin werden. Nach dem Besuch der Staatlichen Musikhochschule Hamburg arbeitete sie gut 20 Jahre am Theater und spielte in einer Reihe von Fernsehfilmen mit – hauptsächlich Mutterrollen, etwa als Elvira Rykalla in Wolfgang Petersens „Smog“ (1973) nach dem Drehbuch von Wolfgang Menge. Der Film, ein beklemmender Thriller über Umweltschutz und die Interessen der Industrie, schrieb Fernsehgeschichte – und legte Marjan auf diesen Typus fest. Dass man sie später die Helga Beimer spielen ließ, war die logische Konsequenz.

Aufgewachsen ist die in Essen geborene Marjan bei Adoptiveltern in Hattingen an der Ruhr – „sehr bürgerlich“, wie sie sagt. „Man gab nie mehr aus als man hatte. Das habe ich verinnerlicht.“ Später lernte sie auch ihre leibliche Mutter kennen. Erst 2007 erfuhr sie durchs Fernsehen, wer ihr leiblicher Vater war und dass sie noch einen Halbbruder im Allgäu hat. „Ich habe einen engen Kontakt zu ihm. Einmal im Jahr machen wir ein großes Familientreffen. Sie hoffe, dass es auch diesen Herbst trotz Corona stattfinden werde.

Eine für September geplante Kreuzfahrt nach Amerika dagegen hat sie abgesagt: „Dass man da womöglich irgendwo in Quarantäne muss, das ist mir zu riskant.“ Insgesamt habe sie sich aber durch die Maßnahmen der vergangenen Monate nicht sonderlich eingeschränkt oder einsam gefühlt. „Ich habe einen großen, sehr guten Freundeskreis. Wir haben viel telefoniert.“

Die kinderlose Marjan engagiert sich seit 30 Jahren für die Kinderhilfswerke Unicef und Plan International sowie für die Malteser. Für ihre ehrenamtliche Arbeit wurde sie unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Beruflich lagen mögliche Engagements in den vergangenen Monaten wegen Corona brach. „Das macht aber nichts, ich möchte sowieso erst einmal Zeit für mich haben“, sagt Marjan. Zur Ruhe setzen will sie sich aber nicht. Auf jeden Fall möchte sie wieder Lesungen machen. „Ich habe Angebote von mehrere Theatern, und auch beim Fernsehen ist etwas in Aussicht.“ Spruchreif sei allerdings noch nichts, momentan sei eben auch wenig planbar.

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