Der richtige Augenblick

von Redaktion

Christian Berkel hört als „Der Kriminalist“ im ZDF auf und wünscht sich mehr Zeit für anderes

VON CORNELIA WYSTRICHOWSKI

Er ist seit Jahren eine feste Größe beim ZDF-Freitagskrimi, doch jetzt hat Christian Berkel keine Lust mehr auf seine Ermittlerrolle in „Der Kriminalist“: Der Charakterdarsteller mit der prägnanten Kein-Haar-Frisur steigt aus – am heutigen Freitag startet die sechsteilige letzte Staffel der Serie mit ihm als Berliner Kommissar Bruno Schumann. Nach „Professor T.“ mit Matthias Matschke ist „Der Kriminalist“ schon der zweite Freitagskrimi in kurzer Zeit, der endet, einer ZDF-Sprecherin zufolge sind Ersatzserien zwar in Planung, Details will der Sender aber noch nicht nennen.

Der 62-jährige Christian Berkel hört mit seiner Rolle auf eigenen Wunsch auf: „Man kann an Politikern oft genug sehen, was passiert, wenn jemand zu lange an seinem Stuhl klebt. Ich wollte den richtigen Augenblick nicht verpassen.“ Sein Abschied hat aber auch etwas mit Berkels Erfolg als Schriftsteller zu tun: Mit dem Roman „Der Apfelbaum“ über seine Familiengeschichte und seine jüdischen Wurzeln sorgte er 2018 für Furore, demnächst wird der Bestseller als Miniserie verfilmt. Im Oktober erscheint Berkels neues Buch „Ada“, in dem er historische Ereignisse wie Mauerbau und 68er-Bewegung aus dem Blickwinkel einer jungen Jüdin schildert.

Damit ihm die Arbeit als Romanautor und Schauspieler nicht über den Kopf wächst, hängt er, der mit seiner Schauspielkollegin Andrea Sawatzki verheiratet ist, den Job als „Kriminalist“ an den Nagel. Die Serie habe ihn 100 Drehtage im Jahr beschäftigt und keinen Platz mehr für andere Rollen gelassen, sagt Berkel zur Begründung. „Mir blieb zu wenig Raum für anderes. Das wollte ich in einer Lebensphase ändern, in der ich noch die Energie habe – irgendwann bin ich vielleicht zu alt.“

Christian Berkel kam 1957 in Berlin zur Welt und lebte in seiner Jugend zeitweise in Frankreich. Er spielte schon mit 19 Jahren in Ingmar Bergmans Film „Das Schlangenei“, war in großen deutschen und internationalen Produktionen wie „Der Untergang“, „Operation Walküre“ und „Inglourious Basterds“ zu sehen. In „Der Kriminalist“ ermittelte Berkel seit 2006 in mehr als 100 Episoden als Kommissar Bruno Schumann. Dessen Spezialität: Der Berliner Einzelgänger ist Viktimologe, er betrachtet Verbrechen also aus der Perspektive des Mordopfers und versetzt sich am Tatort fast wie ein Medium in dessen Lage während der letzten Augenblicke seines Lebens.

Die letzte Episode wird am 9. Oktober gezeigt und ist ein unspektakuläres Finale: Das Aus des Krimi-Dauerbrenners wird darin gar nicht thematisiert, Schumann stirbt weder noch geht er in Pension. Der schlichte Abschluss war Berkels spezieller Wunsch: „Ich wollte nicht, dass wir uns ein besonderes Ende ausdenken, weil so etwas bis auf seltene Ausnahmen immer misslingt“, erklärt der 62-Jährige: „Mir als Zuschauer kommt es oft sehr aufgesetzt und platt vor, wenn der Kommissar im Dienst erschossen oder versetzt wird.“

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