„Diese Rolle ist ein großes Glück“

von Redaktion

INTERVIEW Ulrike Kriener löst an diesem Samstag als Kommissarin Lucas ihren 30. Fall

Die Verletzungen deuten auf einen tödlichen Unfall hin. Warum aber wurde die Leiche des albanischen Bauarbeiters im Wald zurückgelassen? Kommissarin Lucas ermittelt an diesem Samstag im ZDF ab 20.15 Uhr in ihrem 30. Fall und bekommt es mit skrupellosen Bauunternehmern, geknechteten Leiharbeitern und einem undurchsichtigen Staatsanwalt zu tun. „Die Unsichtbaren“ ist ein ebenso brisanter wie kritischer Krimi und für Hauptdarstellerin Ulrike Kriener (65) ein würdiger Jubiläumsfilm für ihre 18-jährige Ermittlungsarbeit in der Donaustadt Regensburg. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die Wahlmünchnerin über die Sehnsucht nach relevanten Themen, Einsamkeit und den traurigen Abschied von ihrem jüngst verstorbenen Kollegen Tilo Prückner (1940-2020), der in diesem Krimi ein letztes Mal zu sehen ist.

Hat sich die Figur so entwickelt, wie Sie es sich beim Start der Reihe erhofft haben?

Ich hatte keine konkrete Erwartungshaltung an die Lucas, weil ich ja nicht wusste, wie lang sie ermitteln wird. Von Jahr zu Jahr wurde neu entschieden, ob das ZDF die Reihe fortsetzt. Dass es jetzt schon 18 Jahre sind, ist ein großes Glück – für die Produktion und natürlich für mich als Schauspielerin, die viele schöne Geschichten drehen durfte.

Gibt es denn Dinge, die Sie gern erzählt hätten?

Natürlich! Einen Krimi über die Fleischwirtschaft hätte ich hochspannend gefunden. Im Grunde das Thema, das aktuell bei Tönnies hochgekocht ist. Jeder weiß um die schlechte Situation in diesen Schlacht- und Fleischfabriken und dennoch verschließen wir die Augen.

Woran ist das Projekt gescheitert?

Zum einen ist es unheimlich schwer, in den großen Schlachthöfen eine Drehgenehmigung zu bekommen, zum anderen lässt sich so ein Krimi kaum ohne diese grauenvollen Bilder von hängendem, blutendem Schlachtvieh erzählen. Bilder, bei denen die Entscheider Sorge hatten, dass sie die Zuschauer nicht sehen wollen. Was mich freut, ist, dass wir in unserem Jubiläumsfall die gleichen ausbeuterischen Strukturen aufzeigen können. „Die Unsichtbaren“ spielt auf einer Regensburger Großbaustelle, auf der illegale Leiharbeiter beschäftigt sind.

Wie wichtig ist es für Sie, nicht nur zu unterhalten, sondern auch gesellschaftliche Missstände zu thematisieren?

Mich interessieren Themen einfach mehr, die nah an unserem Leben, unserer Gesellschaft sind. Deshalb war ich immer ein Fan der schwedischen Krimis, die dieses Prinzip schon früh aufgegriffen haben. Man kann gesellschaftspolitische Stoffe unheimlich spannend in Krimis verweben. Ich bin nicht so der Freund von Monstern, die sich nachts ins Haus schleichen. So was kann ich nicht angucken und will ich bitte auch nicht drehen. (Lacht.)

Ellen Lucas hatte zu Beginn noch einen komatösen Mann, der schließlich gestorben ist. Warum liegt ihr Liebesleben bis heute auf Eis?

Es gab in der Vergangenheit schon oft Überlegungen, ob man einen neuen Mann ins Spiel bringt. Und gerade als ich noch jünger war, habe ich gedacht, dass ein Kerl für die Kommissarin her muss. Aber im Laufe der Jahre fand ich es ganz reizvoll, dass wir offensiv mit ihrer Einsamkeit umgehen. Sie ist einfach eine alleinstehende Frau, der es nicht gelungen ist, aus ihrer Witwenschaft auszubrechen. Und auch das ist ein Stück Lebenswirklichkeit.

In ihrer Einsamkeit hat Kommissarin Lucas eine Art Notgemeinschaft mit ihrem knurrigen Vermieter entwickelt, gespielt von Ihrem langjährigen Kollegen Tilo Prückner, der vor Kurzem gestorben ist…

Ja, er ist in diesem Fall ein letztes Mal zu sehen. Und es ist ein unheimlich trauriges Gefühl zu wissen, dass Tilo bei den nächsten Dreharbeiten nicht mehr dabei sein wird. Wir haben uns immer alle gefreut, wenn er kam, weil sich bei ihm Heiterkeit, Witz und großes schauspielerisches Talent verbunden haben. Er war als Mensch einfach eine Granate.

Das Gespräch führte Astrid Kistner.

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