Der Krieg aus der Sicht eines Kindes

von Redaktion

Der Kulturkanal 3sat zeigt „Maikäfer flieg“ nach dem Roman von Christine Nöstlinger

VON ANNA RINGLE

„Es ist Krieg. Es ist schon lange Krieg. Ich kann mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, dass einmal kein Krieg war.“ Christine ist neun Jahre alt und lebt mit ihrer größeren Schwester, ihrer Mutter und ihren geliebten Großeltern während des Zweiten Weltkriegs in Wien. Der Vater ist an der Front. Das Ende naht, Bomben fallen auf die Stadt. Zwischen Trümmern versucht die Familie, ein Stück Normalität in den Alltag zurückzubringen. Der Film „Maikäfer flieg“, zu sehen heute um 20.15 Uhr auf 3sat, basiert auf dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker von Christine Nöstlinger – und ist alles andere als ein leichter Stoff.

Es ist die von kindlichem Pragmatismus geprägte Sicht, die den 2016 entstandenen Film von Mirjam Unger so packend macht. Als etwa das Haus der Familie zerbombt wird und zwischen den Trümmern ein Klavier hervorragt, sagt die Kleine: „Ich hab’s ja immer gesagt, wir hätten das blöde Klavier gegen ein halbes Schwein eintauschen sollen.“

Das Mädchen ist mutig, frech, hat seinen eigenen Kopf und ist sehr mitfühlend. Ein heiterer Ton und eine gewisse Komik bilden einen Kontrast zu den schrecklichen Ereignissen, die der Krieg mit sich bringt. Nöstlinger (1936–2018) schrieb in ihrem Roman ihre Erinnerungen an ihre vom Krieg versehrte Heimatstadt Wien auf. Als die Situation in der Innenstadt immer schlimmer wird, flieht die Mutter (Ursula Strauss) mit den Kindern an den Stadtrand in eine Nazi-Villa, wo sie früher geputzt hat. Die Großeltern bleiben zurück – aber Christine (Zita Gaier) hängt an ihrem Opa (Heinz Marecek) und will ihn nicht loslassen: „Ich bleib’ da, sonst töten dich die Russen.“

Der Hunger und die Angst vor den Besatzern bestimmen den Alltag kurz nach Kriegsende. Dann die Freude – der Vater (Gerald Votava) steht vor der Tür, aber mit kaputtem Bein. Die Familie hält ihn versteckt, auch die Eigentümerin der Villa, die zwischenzeitlich mit ihrem Sohn zurückgekommen ist, verrät nichts. Und dann quartieren sich die Besatzer ausgerechnet in der Villa ein. Alle fürchten sich, nur Christine hat keine Angst…

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