Sie hat noch immer das Image der Ulknudel, doch in den vergangenen Jahren hat sich Anke Engelke mehr und mehr auf Charakterrollen verlegt – so wie in der neuen Serie „Das letzte Wort“, die nächste Woche bei Netflix startet. In dem tragikomischen Sechsteiler spielt die 54-Jährige eine Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes Trauerrednerin wird, um sich finanziell über Wasser zu halten.
In der Rolle der Trauerrednerin Karla Fazius sind Sie kaum wiederzuerkennen…
Das ist ja so spannend am Schauspielberuf. Das ist kein Schönheitswettbewerb, sondern man spielt Rollen, man kann immer wieder jemand anders sein. Die Veränderung für die Serie war ein toller Prozess. Die Kolleginnen und Kollegen von Regie, Maske und Kostüm hatten klare Vorstellungen von Karlas Aussehen – Haare ab, rot gefärbt, braune Kontaktlinsen, viel Ocker in den Klamotten, ein paar Kilo mehr. Ich nähere mich Rollen gern von außen. Jetzt gerade spiele ich in Österreich in einem Film eine Lady, die gern Bleistiftröcke trägt, mit blonden Locken und langen orangenen Fingernägeln. Ob ich mir so gefalle, ist tatsächlich wurscht.
Wer sollte an Ihrem Grab sprechen?
Lustig, aber darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich bin dafür zu gerne im Hier und Jetzt. Aber während der Dreharbeiten haben wir in den Pausen viel über das Thema gesprochen, da hieß es auch mal: „An Deinem Grab würde ich dies und jenes sagen“, oder es ging darum, welche Musik gespielt werden soll. Der Tod gilt zwar als Tabuthema, aber eigentlich spricht jeder gerne darüber. Sobald das Eis gebrochen ist, herrscht komplette Redefreiheit.
Das heißt, das Thema ging Ihnen unter die Haut?
Es waren sehr intensive Wochen. Wir haben mehr oder weniger chronologisch gedreht, und deshalb konnte ich immer wieder erleben, durch welche Trauerphase Karla gerade taumelt. Es wäre anmaßend zu sagen, ich könnte jetzt verstehen, wie sich Menschen fühlen, denen es so geht, aber ich war doch erstaunlich nah dran an ihren emotionalen Zuständen. Natürlich ist es am Ende des Tages nur eine Serie, aber ich habe ja immer den Anspruch, dass Menschen anschließend zusammensitzen und über das Gesehene reden.
Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles zu Ende ist, nur weil wir sterben. Dafür hat das, was man als Mensch in seinem Leben bei Familie und Freunden hinterlässt, zu viel Wumms. Jeder Mensch ist einzigartig. Es kann nicht der Plan sein, dass man dann einfach weg ist, dass es das gewesen ist – das glaube ich nicht.
Ist es typisch deutsch, dass es rund um Beerdigungen so bürokratisch zugeht?
Ich habe mich auch schon gefragt, warum wir Deutschen es zulassen, dass das alles oft so emotionslos ist. Ich beneide andere Kulturen um ihren beinahe fröhlichen Umgang mit dem Tod. Die Mexikaner zum Beispiel, die große Feste feiern und sagen: Jetzt geht’s erst richtig los, es gibt keinen Grund zum Weinen.
„Das letzte Wort“ ist eine Tragikomödie. Brauchen wir mehr Humor in Zeiten von Corona?
Man muss das nicht auf Corona reduzieren, sondern das gilt für alle Zeiten – dass es im Zweifel auch mal guttut, miteinander zu lachen. Es gibt ja auch Trauerfeiern, bei denen plötzlich gelacht wird, und auf einmal gucken alle komisch, aber in dem Moment musste es einfach sein, da ist Lachen ein Ventil. Lachen gleichzusetzen mit Blödsinn oder gar Dummheit, wäre falsch, ich fürchte, manche Menschen assoziieren das vorschnell. In Deutschland werden Komödianten und Komödien ja auch schnell als stumpfsinnig abgetan. Aber dafür macht es viel zu viel Arbeit, lustig zu sein.
Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski.