„Ich bin sprachlos“, sagte Maria Schrader – und man nahm ihr die Überraschung ab. Die 54-jährige Schauspielerin, die bislang auch zwei Spielfilme inszeniert hat, gewann mit ihrer ersten Serien-Regiearbeit einen Emmy. Bei der Verleihung wurde sie für die vierteilige Netflix-Produktion „Unorthodox“ geehrt – damit bekam beim wichtigsten US-Fernsehpreis zum ersten Mal eine Deutsche den Preis für die beste Regie einer Miniserie.
Schrader erzählt von der jungen Jüdin Esther, die in der ultraorthodoxen Satmar-Gemeinde in New York lebt – und aus der chassidischen Gemeinschaft entfliehen will, die ihr Dasein darauf ausrichtet, exakt der Thora zu folgen. Die in den USA spielenden Szenen basieren auf dem Buch „Unorthodox“ von Deborah Feldman. Das Leben der Autorin spiegelt sich in der Hauptfigur. Der Handlungsstrang in Berlin ist fiktiv. Die Hauptrolle spielt mit beeindruckendem Feingefühl die Israelin Shira Haas; in einer Nebenrolle ist Jeff Wilbusch von den Münchner Kammerspielen zu sehen. „Unorthodox“ wurde international viel beachtet – so nannte die „New York Times“ die Emanzipationsgeschichte „atemberaubend“. Der Kritiker unserer Zeitung lobte nach der Erstausstrahlung: „Schrader gelingt es eindrucksvoll, beide Seiten – die des strenggläubigen Judentums und die einer Frau, die selbst entscheiden will – respektvoll zu zeigen. Das macht diese Serie ebenso wertvoll wie ihre Sprache: In allen Gemeindeszenen wird ein zum Niederknien schönes Jiddisch (mit Untertiteln) gesprochen.“
Die drei großen Emmy-Abräumer waren am Sonntagabend das Drama „Succession“ um einen Medienmogul, die Comedy „Schitt’s Creek“ und die auf einem realen Massaker an Schwarzen im US-Süden beruhende Comicverfilmung „Watchmen“.
In der Königskategorie des Abends entschied sich der Produzent und Drehbuchautor Jesse Armstrong für eine ungewöhnliche Rede. Er wolle einigen „Nichtdank“ aussprechen, sagte der Brite bei der Bekanntgabe des Preises für die beste Drama-Serie an „Succession“. Ein „Nichtdank“ gehe an das Corona-virus und an Donald Trump und Boris Johnson für deren „lausige und unkoordinierte Antwort“ darauf, sagte er. Ein „Nichtdank“ gehe auch an alle Nationalisten auf der Welt und „an alle Medienmogule, die sie an der Macht halten“.