Kleiner Mann ganz groß

von Redaktion

NACHRUF Er prägte die deutsche Comedy-Landschaft: Herbert Feuerstein ist mit 83 verstorben

Es ist der letzte Film von Herbert Feuerstein. Seit Jahren liegen die Bänder dazu im WDR-Funkhaus in Köln. Und wie sehr hätte man sich dort gewünscht, ihn noch nicht senden zu müssen. Denn diese Ausstrahlung bedeutet: Herbert Feuerstein ist tot. In den Aufnahmen – von Feuerstein vorbereitet für Radio und TV – verkündet der 1,65 Meter kleine, doch im Komödienfach so große Künstler sein eigenes Ableben. Ein Nachruf auf sich selbst, typisch Feuerstein. Aber leider ohne Pointe. Am Dienstag ist der Humorist mit 83 Jahren in Erftstadt bei Köln gestorben.

Es gibt Prominente, von deren Tod man getroffen ist, als wäre ein langjähriger Bekannter gestorben. Einer, von dem man möglicherweise gar nicht so genau wusste, was er gerade treibt, aber mit dem man durch viele gute Erinnerungen verbunden bleibt. Feuerstein war so einer. Vielleicht, weil es scheint, als würde man ihn schon seit der Kindheit kennen. Weil sein Humor so kindlich war. Auf gute Art. Heiter, albern, manchmal zum gegen die Stirn Schlagen flach. Wenn man heute die alten Sketche ansieht, wird einem klar, wieso das Zwerchfell gleich neben dem Herzen liegt. Denn richtig guter Witz hat immer Herz. Und ist gar nicht so leicht zu kreieren. Der in Zell am See geborene Feuerstein war ein Talent. 20 Jahre leitete er das Satire-Magazin „MAD“ ehe er 1985 mit „Wild am Sonntag“ seine erste Sendung im Ersten bekam. Der Durchbruch folgte dann mit einer der komischsten Verbindungen, die das deutsche Fernsehen seither erlebt hat. Klein und Groß statt Dick und Doof – Herbert Feuerstein und Harald Schmidt schrieben mit „Schmidteinander“ Fernsehgeschichte.

Wer glaubt, dass der Kleine nur der Sidekick des Großen war, liegt falsch: Feuerstein war Ideengeber und Chefautor der von 1990 bis 1994 laufenden Show, gewann damit den Grimme-Preis. Gerade diese Sendung – aber auch alle folgenden Auftritte etwa in Shows wie „Genial daneben“ oder als Frosch in der „Fledermaus“ in der Oper Köln – verdeutlicht eine seiner größten Qualitäten: die Gelassenheit, über sich selbst lachen zu können. War seine Aufgabe doch, jeden noch so fiesen Witz über sich ergehen zu lassen.

Dass er und Harald Schmidt, deren Verhältnis als eher unterkühlt galt, den gleichen Sinn für Humor hatten, auch das zeigt sich an dem eigentlich traurigen Tag von Feuersteins Tod. Mit launigen Worten nimmt Schmidt Abschied von seinem Kompagnon. „Feuerstein war ein Genie – das hat er mir selbst gesagt, und ich habe es ihm bestätigt“, sagte Schmidt gestern im WDR.

Die zwei zusammen, das war wie Kindergeburtstage, auf denen auch die Eltern Spaß haben. Und müsste eigentlich ein Revival erleben. Die völlig hirnrissige und gerade deshalb so unvergessliche Rubrik „Der offizielle … Witz“ beispielsweise. Wie gemacht für die heutige Generation Aufmerksamkeitsspanne-von-30-Sekunden. Beispiel: „Der offizielle Bäckerwitz“. Feuerstein und Schmidt in der Backstube. Vor ihnen ein Blech mit Platzerln. Eins lacht. Fragt Schmidt: „Was ist denn das?“ Antwort Feuerstein: „Ein Scherzkeks.“ Hahaha. Freche Komödianten-Anarchie. Oder Jahre später – Feuersteins legendärer Besuch in Schmidts eigener Show. Bei sich ein „Dolmetscher“ aus Bhutan. So lustig können scheinbar veraltete Albernheiten wie „Stille Post“ sein. 1998 besuchte Feuerstein Schmidt erneut. In Plateauschuhen. Endlich auf Augenhöhe also? Von wegen. Schmidt wusste, dass er selbst seinen Aufstieg zum populärsten Late-Night-Talker in Deutschland auch Feuerstein zu verdanken hatte. Daran erinnerte er gestern uneitel. Bei ihrem letzten Treffen habe er Feuerstein gesagt, dass er ihm im Grunde seine Karriere verdanke. „Er hat es mir bestätigt. Zum Abschied Danke und leise Servus auf der Nasenflöte – tschüss, Feuerstein.“ KATJA KRAFT

Artikel 3 von 3