Zuletzt waren die Signale überdeutlich. Nachdem nicht nur die parteiungebundene „Kaktus-Gruppe“, sondern auch die CSU-Vertreter im Rundfunkrat Sympathie für Katja Wildermuth bekundet hatten, stand der Wahl der 55-Jährigen zur ersten Intendantin in der Geschichte des Bayerischen Rundfunks (BR) nichts mehr im Weg. Und tatsächlich fiel die Entscheidung gestern Nachmittag im Rundfunkrat deutlich aus. Demnach votierten 38 von 48 anwesenden Gremiumsmitglieder für Wildermuth als Nachfolgerin von Ulrich Wilhelm. Ihre Gegenkandidaten, BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel (54) und Christian Vogg (55), Chief Data Officer beim Schweizerischen Rundfunk SRG, waren chancenlos. Wildermuth tritt ihr Amt zum 1. Februar 2021 an, die Amtszeit beträgt fünf Jahre.
Wildermuth dankte für den „eindrücklichen Vertrauensbeweis“. Sie freue sich auf den BR „und seine vielen hoch qualifizierten und hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Allerdings: „Wir werden eine herausfordernde Zeit vor uns haben, es geht um Finanzdebatten, um Akzeptanzdebatten. Aber wenn ich mir anschaue, was die Mitarbeitenden des BR in den letzten schwierigen Monaten auf die Beine gestellt haben, was für ein tolles, vielfältiges, professionelles Programm, dann glaube ich, dass das eine wunderbare Stärke ist, auf die wir aufbauen können.“ Der Vorsitzende des Rundfunkrates, Lorenz Wolf, sagte, Wildermuth habe die Wahl bravourös für sich entscheiden können. Sie habe sich sehr überzeugend präsentiert.
Die derzeitige Programmdirektorin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) am Standort Halle (Sachsen-Anhalt) hat enge Bindungen zu München und Oberbayern. Aufgewachsen in Anzing (Landkreis Ebersberg), studierte sie in München Geschichte und war während ihrer Promotionszeit als Dozentin tätig. Ab 1994 arbeitete sie als Autorin und Redakteurin unter anderem für das ARD-Politmagazin „Fakt“, als zuständige Redaktionsleiterin verantwortete sie später unter anderem das Großprojekt „Geschichte Mitteldeutschlands“. Nach einem Intermezzo als Kulturchefin des Norddeutschen Rundfunks (NDR) kehrte Wildermuth zum MDR zurück. Mit ihr werden künftig vier von neun ARD-Landesanstalten von Frauen geführt – neben dem BR der MDR, der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und Radio Bremen.
Die Herausforderungen für die Medienmanagerin sind groß. Der BR, mit rund 3500 Mitarbeitern viertgrößte Anstalt im Senderverbund, muss den Spagat zwischen dem geforderten Sparkurs und einem modernen Programm im Digitalzeitalter schaffen. Zudem lasten auf der 55-Jährigen die Erwartungen eines Frauennetzwerks, dessen Initiative mit dazu beitrug, dass künftig eine Frau an der Spitze des Münchner Senders steht.
In einer ersten Stellungnahme begrüßten „Female for Future“ die „historische Entscheidung“ des Rundfunkrats. Man erwarte nun „eine Veränderung der Unternehmenskultur hin zu mehr Transparenz und Beteiligung“, außerdem „eine echte und nachhaltige Förderung von Frauen und einen konstant wachsenden Anteil von Frauen in Führungspositionen mit dem Ziel einer paritätischen Verteilung“.
» KOMMENTAR, SEITE 2