Mit ihrem Film „Kirschblüten – Hanami“ gelang Doris Dörrie ein Überraschungserfolg, der melancholische Film mit Hannelore Elsner und Elmar Wepper als Eheleute, die kurz nacheinander sterben, lockte im Jahr 2008 mehr als eine Million Besucher in die Kinos. Im Jahr 2019, elf Jahre später, drehte die 65-Jährige die Fortsetzung „Kirschblüten & Dämonen“, die erneut um Trauer und Selbstfindung kreist. Die melancholische Tragödie ist heute um 20.15 Uhr beim deutsch-französischen Sender Arte als Fernsehpremiere zu sehen.
Der 110 Minuten lange Film, der voller Poesie und Symbolik steckt, ist eher assoziativ als mitreißend erzählt. Im Mittelpunkt steht Karl Angermeyer (Golo Euler), den Zuschauer schon aus dem Vorgängerfilm kennen. Er lebte damals in Japan, wo er Besuch von seinem Vater Rudi (Wepper) bekam, der im fernen Osten den Tod seiner Frau verarbeiten wollte. Zehn Jahre später lebt Karl wieder in Deutschland und ist tief gefallen. Seinen Job als erfolgreicher Banker hat er verloren, seine Ehe ist zerbrochen, er flüchtet sich in Alkohol und fliegt betrunken von der Geburtstagsparty seiner Tochter.
Unvermittelt steht die Japanerin Yu (Aya Irizuki) vor Karls Tür, sie hat seinen Vater damals in Japan einige Tage lang begleitet. Die junge Frau überredet Karl, gemeinsam mit ihr das alte Elternhaus aufzusuchen. Hier im idyllischen Allgäu, das Doris Dörrie in kunstvollen Bildern wie auf einem japanischen Holzschnitt filmt, wird Karl buchstäblich von den Dämonen seiner Vergangenheit heimgesucht – Erinnerungen an seine schwierige Kindheit sind plötzlich wieder da, die Schatten seiner verstorbenen Eltern geistern herum. Karl knüpft wieder Kontakt zu seiner Familie, dann wird er bei einem Unfall schwer verletzt und reist nach Japan, um die inzwischen wieder verschwundene Yu zu finden – dort erlebt er eine Überraschung.
Die Wahl-Münchnerin Doris Dörrie wurde 1985 mit der Komödie „Männer“ mit Heiner Lauterbach, Uwe Ochsenknecht und Ulrike Kriener über Nacht berühmt, es folgten teils ebenfalls preisgekrönte Werke wie „Keiner liebt mich“, „Bin ich schön“ oder „Nackt“.
„Kirschblüten & Dämonen“ mutet ganz anders an als ihr sonstiges Schaffen. Immer wieder kontrastiert die Regisseurin darin bayerische Bodenständigkeit und japanische Spiritualität, westliche und fernöstliche Jenseitsvorstellungen. Doris Dörrie lebt selbst in Bernbeuren (Landkreis Weilheim-Schongau), wo große Teile des Films spielen, und sie ist großer Japan-Fan, hat das Land schon dutzende Male bereist. „Wir alle werden durch die Vergangenheit definiert, und Geister, die uns nicht in Ruhe lassen, sind eine Metapher dafür“, sagt sie über den Film. „Wichtig ist die Erkenntnis, dass die verdrängte, unverarbeitete Vergangenheit große Schatten auf die Gegenwart wirft, wenn man sich ihr nicht stellt.“
Weitere Filme:
Mit „Kirschblüten & Dämonen“ startet Arte eine Reihe mit insgesamt 13 Kinofilmen, die der Sender koproduziert hat, als Erstausstrahlung. Bis zum 16. November laufen unter anderen „Transit“ von Christian Petzold mit Franz Rogowski und Paula Beer (9. November), „Auferstehen“ von Cedric Kahn mit Anthony Bajon (11. November) sowie „In den Gängen“ von Thomas Stuber mit Franz Rogowski und Sandra Hüller (13. November).