Das Geschäft mit dem Terror

von Redaktion

Neue Arte-Doku von Daniel Harrich enthüllt, wie Geheimdienste den Islamismus finanzieren

VON KATJA KRAFT

Daniel Harrich hat nicht locker gelassen. Wie immer. Er wollte mit Michael Hayden, ehemaliger Direktor von NSA und CIA, sprechen. Und hat es geschafft. Wie immer.

„Der hat mir sieben Mal abgesagt. Beim achten Mal habe ich ihm eine zweiseitige E-Mail geschrieben, warum ich es für so wichtig halte, dass er mit uns vor der Kamera spricht. Ich habe wirklich alles in die Waagschale geworfen“, erzählt der hartnäckige, doch in seiner Hartnäckigkeit sehr höfliche und leidenschaftliche Münchner Investigativjournalist. „Demokratieliebe, Freiheit, Menschenrechte – das fand Hayden glaube ich so sympathisch, dass er gemeint hat: ,Okay, kommt an dem und dem Tag bei mir im Büro in Washington vorbei, ich habe zehn Minuten.‘“ Aus zehn Minuten wurden vier Stunden. „Ein freundschaftliches, angenehmes Gespräch. Bis heute halten wir den Kontakt“, erzählt Harrich.

Das ist deshalb so außergewöhnlich, weil es dem 37-Jährigen gelungen ist, eine der höchstrangigen Personen des US-Geheimdienstwesens dazu zu bringen, vor der Kamera über die Terror-Abwehr, die weltweit im Gange ist, zu berichten. Von der Öffentlichkeit unbemerkt, läuft ein perfides Geschäft: „Das Geschäft mit dem Terror“, so der Name der sehenswerten Dokumentation Daniel Harrichs, die Arte heute um 22.15 Uhr zeigt.

Wenn es, wie gerade in Nizza oder Wien, zu Anschlägen kommt, heißt es meist, es sei die Tat eines Einzeltäters, die die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) dann für sich reklamiert. Ex-CIA-Chef Hayden widerspricht dem im Film entschieden: „Das sind keine Anschläge einsamer Wölfe. Gruppen wie der Islamische Staat haben eine äußerst schlagkräftige operative Einheit, die sich darauf konzentriert, diese Anschläge in Westeuropa zu planen und auszuführen.“

Rekruten werden in Trainingslagern an der afghanisch-pakistanischen Grenze ausgebildet. Finanziert vom pakistanischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI). „Dieser Geheimdienst ist die eigentliche Macht im Staat“, betont Harrich. Terror werde hier zum Geschäftsmodell. „Losgegangen ist es mit dem Palästinenserterror in den 1970er-Jahren mit Flugzeugentführungen und so weiter. Da ging es ja auch darum, Geld zu erpressen“, sagt der Journalist, der mit Dokumentationen und Spielfilmen wie „Der blinde Fleck“ in irrsinnigem Tempo eine Ungehörigkeit nach der anderen aufdeckt. Er ist überzeugt: „Die angeblich hinter einem Anschlag stehenden Ideologien werden schön vorgegaukelt; und vermutlich glauben die Jungs, die sich Bomben umschnallen, wirklich daran. Aber letztendlich geht es immer auch darum, Gelder zu erpressen.“ Harrich hat auch den Ex-Präsidenten Pakistans, Pervez Musharraf, vor die Kamera bekommen. Jenen Mann, der einerseits stets vorgab, mit dem Westen zusammenzuarbeiten, andererseits aber mit ISI kooperierte. Harrich: „Es gibt Gründe dafür, dass Musharraf im Elfenbeinturm in Dubai lebt, umgeben von absolutem Luxus. In Pakistan ist der Terrorismus eine Industrie.“

Was also tun? Den westlichen Geheimdiensten verbieten, sich mit angeblichen Partnern im Kampf gegen den Terror einzulassen, die gleichzeitig den Terror unterstützen? Immerhin verhindern sie so angeblich noch mehr Blutvergießen – oder nicht? „Ja, die Arbeit der Geheimdienste verhindert wahrscheinlich Anschläge. Doch ich denke: Wir dürfen als freie Demokratie nicht über Jahrzehnte ein solches System zulassen und uns wundern: Wie kann das denn sein, dass der Terror nicht aufhört? Er hört eben nicht auf, weil die wissen: Solange der Terror ein bisschen weiter brodelt, werden wir denen weiter Geld zahlen. Das muss uns als frei denkenden Menschen bewusst sein.“

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