Die Blockade aus Sachsen-Anhalt zum höheren Rundfunkbeitrag in Deutschland wird jetzt ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Es liegen Klagen von ARD, ZDF und Deutschlandradio vor, wie ein Gerichtssprecher am Freitag mitteilte. Neben Verfassungsbeschwerden wurden auch Anträge auf eine einstweilige Anordnung eingereicht. „Mit dem Eilverfahren könnte eine vorläufige Entscheidung fallen, bis über die Verfassungsbeschwerde entschieden ist“, heißt es dazu.
Damit wenden sich die Sender gegen die Aussetzung der Abstimmung zum Staatsvertrag, der die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2021 auf monatlich 18,36 Euro vorsieht, im Landtag Sachsen-Anhalts. Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte wie berichtet den Gesetzentwurf zurückgezogen. Seine CDU hätte dort entgegen der Haltung ihrer Koalitionspartner SPD und Grüne eine Mehrheit mit der AfD bilden können. Weil alle Bundesländer bis Jahresende zustimmen müssen, kann der Staatsvertrag nicht in Kraft treten. Der Rundfunkbeitrag ist die Haupteinnahmequelle für die öffentlich-rechtlichen Sender. Es wäre die erste Erhöhung seit 2009.
Die ARD-Gremienkonferenz als Aufsichtsorgan der Landesrundfunkanstalten unterstützt die Klage. „Dies ist ohne Aufschub geboten, um Schaden für Medienvielfalt und Meinungsbildung abzuwenden“, sagte der Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber. Die Rundfunkkommission der Länder traf sich am Freitagnachmittag zu einer Sondersitzung, um über die Lage zu sprechen. Details wurden zunächst nicht bekannt.
Am Vortag war bekanntgeworden, dass das Saarland und Bremen die Klagen der Sender unterstützen und eine eigene Stellungnahme nach Karlsruhe schicken werden. Hintergrund ist, dass in den beiden Bundesländern die kleinsten ARD-Anstalten Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk angesiedelt sind, die bereits heute von anderen ARD-Häusern in einem Finanzausgleich gestützt werden müssen. Für sie hätte der Staatsvertrag auch bedeutet, dass der Anteil des Finanzausgleichs gestiegen wäre.
Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD), die auch die Medienpolitik der Länder koordiniert, sagte, dass auch alle anderen Länder, die dem Staatsvertrag zugestimmt haben, sich aktiv in das Verfahren einbringen wollten. Sachsen-Anhalt hat als einziges Land nicht zugestimmt.
Dass Haushalte in Deutschland monatlich 86 Cent mehr Rundfunkbeitrag zahlen sollen, geht zurück auf eine Empfehlung einer unabhängigen Kommission, die in regelmäßigen Abständen den Finanzbedarf der Sender berechnet. Danach entscheiden die Ministerpräsidenten und die Landtage – sie müssen sich gemäß der Rechtslage aber eng an der Empfehlung orientieren. Für die nächsten vier Jahre wird eine Finanzlücke der öffentlich-rechtlichen Sender von 1,5 Milliarden Euro prognostiziert – so kommt das Beitragsplus zustande. In die Berechnungen fließen zum Beispiel Kosten für Programminhalte ein, Anpassungen von Tarifgehältern und auch Pensionen spielen eine Rolle.
Die Einnahmen der Sender lagen nach Angaben des Beitragsservice im vergangenen Jahr bei rund 8,07 Milliarden Euro. Die Zahl der Beitragskonten lag im vergangenen Jahr bei rund 46,1 Millionen. Die Masse mit rund 40 Millionen sind Wohnungen. Rundfunkbeiträge müssen aber ebenso Betriebe bezahlen, auch für ihre Fahrzeuge. Hotels und Ferienwohnungen sind ebenfalls gelistet. Es ist aber auch möglich, sich unter gewissen Voraussetzungen von der Beitragspflicht befreien zu lassen.