„Das war’s“ – mit zwei Worten ging vor 30 Jahren ein Kapitel deutscher Mediengeschichte zu Ende. Im Studio des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin-Adlershof verabschiedete sich Sprecher Wolfgang Meyer knapp von den Zuschauern –- kurz vor 20 Uhr war am 14. Dezember 1990 die „Aktuelle Kamera“ Geschichte. Ein wenig mehr als ein Jahr nach dem Mauerfall verschwand die Hauptnachrichtensendung des DDR-Fernsehens vom Bildschirm.
Mit der Erstausstrahlung am 21. Dezember 1952 war der DDR ein kleiner Sieg über die Bundesrepublik Deutschland gelungen. Fünf Tage vor dem Start der „Tagesschau“ im Westen stellte die DDR eine regelmäßige Nachrichtensendung auf die Beine. Ausgerechnet zu Stalins Geburtstag, eine Reverenz an das sowjetische „Brudervolk“. Als Sprecher wurde der Schauspieler Herbert Köfer engagiert. Der las die Nachrichten zunächst nur einem kleinen Publikum vor – in Ost-Berlin gab es gerade einmal knapp 100 Fernsehgeräte. Jahrzehnte lang lieferten sich die „AK“, wie sich der Name später abgekürzt einbürgerte, und die „Tagesschau“ einen Wettstreit um die „Wahrheit“ im Kalten Krieg. Nach dem fast zeitgleichen Beginn um 20 Uhr wurde die „AK“ 1960 vorgezogen, sie fand um 19.30 Uhr ihren endgültigen Sendeplatz.
Mit einem zunächst knappen Angebot an Filmberichten – Bewegtbilder waren damals die Ausnahme – gewann die „AK“ mit den Jahren auf DDR 1 ein festes Publikum. Täglich schauten zu Beginn der Sechzigerjahre eine Million Menschen zu. Parteitage, Staatsbesuche, Fünfjahrespläne – die SED erkannte bald die Möglichkeiten des neuen Mediums als Sprachrohr der Partei. Auch als am 13. August 1961 der Mauerbau begann, durfte Sprecher Klaus Feldmann keinen klassischen Nachrichtentext vorlesen, sondern nur Verlautbarungen aus dem Büro von Staats- und Parteichef Walter Ulbricht.
„Journalismus ist die stärkste Waffe der Partei“, postulierte die SED – die Kontrolle der Medien im anderen Deutschland war total, das betraf auch die „Aktuelle Kamera“. Viele Themen waren tabu, etwa wenn mal wieder Waren knapp wurden. Mit dem Machtantritt von Erich Honecker lockerte die SED die Zügel etwas, doch das Tauwetter dauerte nicht lange.
Eine Schlüsselrolle spielte die „AK“ im Katastrophenwinter 1978/79. Die DDR versank im Schnee, die Direktiven aus der SED aber blieben aus. „Wir konnten völlig frei, völlig realitätsbezogen die DDR in diesem Winter so zeigen, wie sie wirklich war,“ erinnerte sich später der damalige Chefredakteur Ulrich Meier. Die wohl wichtigste Nachricht in der DDR-Geschichte verkündete die „AK“ eher beiläufig. Am 9. November 1989 liest Angelika Unterlauf die Nachrichten wie immer sachlich vor, berichtet von „neue Reiseregelungen des Ministerrates“. Sie sei sich der Tragweite dessen, was sie da gerade vorgetragen hatte, nicht bewusst gewesen, so Unterlauf später. Nach der Sendung habe sie ein Techniker lediglich auf die Brosche angesprochen, die sie vor dem Kamera am Revers getragen hatte.
Der Mauerfall eröffnete der „Aktuellen Kamera“ neue Möglichkeiten. Die Sendung begleitete die Aufbruchstimmung in der DDR mit den ersten freien Wahlen. Ende Oktober des Jahres 1989 wurde eine Spätausgabe auf DDR 2 gestartet, die auch auf dem Kulturkanal 3 sat im Westen ausgestrahlt wurde. Im Funkhaus Adlershof begannen neue Zeiten. Gut ein Jahr später lief dann die „AK“ zum letzten Mal. Zum Abschied ging es unter anderem um den Tod des Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt und das Schicksal der Elefanten im Berliner Tierpark.