Der Doc geht von Deck

von Redaktion

PORTRÄT Nach fast zehn Jahren als „Traumschiff“-Arzt verlässt Nick Wilder den ZDF-Dampfer

VON STEFANIE THYSSEN

So viel Wehmut in nur einem Augenpaar. „Abschied vom Traumschiff…“, sagt Doktor Sander mit belegter Stimme und lässt seinen Blick nachdenklich in die Ferne schweifen. „…an den Gedanken muss ich mich erst noch gewöhnen.“ Ja, nach zehn Jahren geht der Doc nun von Deck. Schauspieler Nick Wilder hat sich entschieden, den ZDF-Erfolgsdampfer zu verlassen. „Der Zeitpunkt ist jetzt genau der richtige“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Und blickt er, der Schauspieler, mit einem ähnlich dicken Kloß im Hals auf sein großes Finale, das am 2. Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird? „Oh nein“, lacht Wilder und klingt sehr vergnügt. „Das ist ,nur‘ der Doc Sander, der da mit so viel Wehmut spricht. Ich bin sehr froh über meinen Entschluss und freue mich auf alles, was jetzt kommt.“

Er sei immer ein Abenteurer gewesen, sagt der 68-Jährige, der auf der Ostseeinsel Fehmarn geboren wurde und Ende der Neunzigerjahre als Werbefigur einer Versicherung („Hallo, Herr Kaiser!“) bekannt wurde. Stillstand mag er überhaupt nicht. Abgesehen davon – die Gründe für seinen Abschied liegen durchaus tiefer und lassen Erinnerungen an Sascha Hehn wach werden. Der trennte sich recht polternd 2018 von seiner Rolle als „Traumschiff“-Kapitän, schimpfte damals über schlechte Drehbücher und Fließbandarbeit. Bei Nick Wilder klingt das alles weniger dramatisch. Aber auch er sagt, dass sich „in den vergangenen Jahren sehr viel verändert“ habe auf dem Schiff.

„Seit Wolfgangs Tod ist es nicht mehr das, was es einmal war“, so Wilder. „Der Zauber ist weg.“ Wolfgang – das ist natürlich der große Rademann. Erfinder, Produzent und Hüter der Geschichten, die an Bord geschrieben und erzählt werden. Im Jahr 2016 starb er mit 81. „Wolfgang hatte einen ganz besonderen Charme, der sich auf das gesamte Team übertrug. Diese Stimmung, dieses Gefühl hat nach seinem Tod leider keiner versucht aufrechtzuerhalten.

In die anfänglich teils heftige Kritik an der Neubesetzung mit Florian Silbereisen als Kapitän will der Schauspieler nicht einstimmen. „Florian macht seine Sache gut, er ist nicht der Grund, warum ich gehe.“ Mehr störe er sich an sogenannten „Gaststars“, die mit oder über Silbereisen an Bord kämen wie etwa Torwart Roman Weidenfeller. „Allein dadurch, dass der dann natürlich einen Handlungsstrang braucht, bleibt etwas anderes auf der Strecke. Das sehe ich kritisch.“

Und was kommt jetzt? Er habe während des Lockdowns ein Buch geschrieben, eine Biografie („Das Leben ist wilder als man denkt“), mit der würde er gern auf Lesereise gehen, erzählt Wilder. Daraus wird wegen Corona nun zumindest live nichts. Dafür hat Wilder für Anfang März ein Live-Stream-Event organisiert.

Vorher geht es erst mal zurück in die USA. Dorthin, nach Montana, haben Wilder und seine Frau, die Schauspielerin Christine Mayn, vor einigen Jahren ihren Wohnsitz verlegt. Sie leben auf einem traumhaften Anwesen, das sie zum Teil auch als Gästehaus vermieten. „Wir haben ganz viel selbst gemacht an dem Haus“, erzählt Wilder. „Wir haben diesen Entstehungsprozess geliebt – und haben es genau so gestaltet, wie es uns gefällt.“

Für seine amerikanischen Freunde will der Fernsehstar seine letzte „Traumschiff“-Folge nun auf eigene Rechnung mit englischen Untertiteln versehen. „Dann schauen wir das am 2. Weihnachtsfeiertag gemeinsam an“, sagt Nick Wilder, und man hört die Vorfreude in der Stimme. „Die wissen ja alle gar nicht genau, was ich mache“, lacht er. Außerdem schreibt er gerade an einem Drehbuch, es gibt neue Jobs als Schauspieler, auch international. Langeweile, man muss es kaum erwähnen, ist ein Fremdwort für ihn.

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