Es ist einer von vielen Momenten, in denen man betroffen vor dem Fernseher sitzt: „Ihr, wir alle sind schuld an dieser Welt“, sagt Großmutter Muriel und schaut die Familie, die sie um den Esstisch versammelt hat, eindringlich an. „Weil wir ein T-Shirt für ein Pfund kaufen, obwohl wir wissen, dass jemand anderes dafür bezahlen muss. Weil wir nicht protestiert haben, als die Supermarktverkäuferin durch einen Computer ersetzt wurde, und weil wir die Falschen gewählt haben.“
Die Welt, deren Verkommenheit gern Politikern und Wirtschaftsbossen in die Schuhe geschoben wird, steht in der britischen Serie „Years and Years“ in Flammen. ZDF Neo zeigt die großartig inszenierte Dystopie ab heute um 20.15 Uhr in deutscher Erstausstrahlung. Ein Stück Fernsehen, das berührt und einen atemlos zurücklässt. Das Tempo, das die englische Familie Lyon in der BBC-Reihe vorlegt, ist beachtlich. In nur sechs Folgen rast die Serie durch die Jahre von 2019 bis 2034. Vier Geschwister mit ihren Kindern, Partnern, Affären, Träumen und Ängsten sind Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, die näher an der Realität ist, als einem lieb sein kann.
Bürgerkriege toben in allen Ecken der Welt, Menschen sind auf der Flucht, ein Bankencrash hat die Wirtschaft stark geschwächt, und die Weltmächte spielen mit ihren Atomwaffen. Diese Zeit der Verunsicherung und der Zukunftsängste weiß Populistin Vivienne Rook (Emma Thompson) für sich zu nutzen. Sie hat zwar keinen Plan, findet aber die richtigen Worte, um enttäuschte Wähler in bekannter Donald-Trump-Manier für ihre ominöse „Vier Sterne“-Partei zu gewinnen.
Russell T. Davies, der für „Years and Years“ verantwortlich zeichnet, scheut sich nicht vor unbequemen Wahrheiten. Was passiert eigentlich, wenn wir einfach alles so weiterlaufen lassen? Er holt sein beängstigendes Zukunftsszenario in den Mikrokosmos der Familie Lyons, die einem spätestens ab Folge zwei ans Herz gewachsen ist. Es fällt nicht schwer, sich in ihren Fehlern, Stärken und Schwächen wiederzufinden. Sie, wir alle, sind verwundbar. Vielleicht ist es das, was einen so betroffen macht.
Die Miniserie
ist ab morgen vollständig in der ZDF-Mediathek abrufbar.