Richtig philosophisch geht es los. „Früher“, sinniert Kommissar Schaller (Alexander Held) da in seinem auch nicht mehr ganz frischen Sessel, „früher war alles besser – die Menschen, die Stadt, sogar das Verbrechen…“ Ob das wirklich stimmt, wird jeder Zuschauer nach dem „München Mord“-Krimi, der am Samstag im ZDF läuft, selbst entscheiden. Gewiss ist aber, dass es eine ganz andere Zeit war – und eine andere Stadt, von der dieser insgesamt gelungene Film erzählt.
An der Hackerbrücke finden Schaller und seine Kollegen Angelika Flierl (wieder einmal hinreißend: Bernadette Heerwagen) und Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier) eine Leiche vor, die auffällige Siebzigerjahre-Kleidung trägt. Der Tote ist ein Kleinkrimineller, keine große Nummer. Aber – Schaller erinnert das Opfer an einen Mann, der einst als „Pate von München“ bekannt war: die Kiezlegende Gustav Schmidinger. Tatsächlich gibt es eine Verbindung zwischen dem Toten und Schmidinger, der überdies nach einem längeren Aufenthalt in den USA zurück in seiner Stadt ist. Was hat er mit dem Mord zu tun? Und zieht er immer noch die Strippen wie in den viel zitierten „guten alten Zeiten“, als Gauner noch „Gentleman-Ganoven“ hießen, in schwarz-gold eingerichteten Appartements mit Whirlpool auf der Dachterrasse lebten und Whisky aus Kristallgläsern tranken?
Es ist zum einen die liebevolle Ausstattung, die diesen Film zu einem Vergnügen macht und über manch längliche Passage im Drehbuch hinwegsehen lässt. Und es sind neben der Hauptfigur Schmidinger, die von Martin Umbach gespielt wird, die Kommissare, die das Salz in der Suppe ausmachen. Jeder für sich ein starker Charakter. Die Dialoge haben nicht nur Humor, sondern auch Hirn. Da geht es um Gleichberechtigung, um Anerkennung, um Männer und Frauen, um MeToo – und von all dem wird nicht mit erhobenem Zeigefinger erzählt, sondern fast beiläufig, nebenbei.
Übrigens: Wem die Stimme des Schmidinger bekannt vorkommt: Martin Umbach, 1956 in München geboren, hat als Synchronsprecher unter anderen George Clooney, Kenneth Branagh und Russell Crowe seine Stimme geliehen. Dass er wieder einmal selbst vor der Kamera stand, liege auch an der besonderen Art der „München Mord“-Krimis. „Hier gibt es einen ganz speziellen Humor“, sagt Umbach. „Die Kommissare sind skurril. Schwere Dinge werden auf eine gute Weise leicht genommen.“ Die Reihe nehme dadurch für ihn einen „Ausnahmestatus in der grassierenden Krimiflut im deutschen Fernsehen“ ein. Die Siebziger hat der 64-Jährige allerdings nicht so wild erlebt, wie es im Film dargestellt wird. „Ich habe diese Zeit völlig anders verbracht als der Herr, den ich hier spiele“, sagt er. „Ich bin in der schwäbischen Provinz groß geworden, genauer gesagt in Nürtingen, das durch Harald Schmidt berühmt ist, aber durch Friedrich Hölderlin berühmt sein sollte“, lacht er und fügt an: „Ich war 1975 aber auch erst 19 Jahre alt.“
„München Mord“
läuft an diesem Samstag um 20.15 Uhr im ZDF.