Rechts und links

von Redaktion

„TATORT“-KRITIK In Thomas Bohns brisant sein wollendem Politstück „Hetzjagd“ stimmt leider nichts

VON RUDOLF OGIERMANN

Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint – das gilt für (fast) jeden guten Krimi, nicht zuletzt für den ARD-„Tatort“. Dass also der Neonazi, den die Kamera dabei beobachtet, wie er die Waffe einsteckt, um einen „Volksverräter wegzumachen“, nicht der Mörder sein kann, ist schnell klar. Nicht immer ist der Täter also ein Rechter, will dieser Krimi wohl sagen, auch wenn alles dafür spricht – und der Tatverdächtige ja „nur“ zu spät kommt (und bei seiner Festnahme dann doch noch einen Mord begeht).

Tom Bohn, zuletzt eine Art Hausautor und -regisseur der Lena Odenthal-Folgen, hatte sich wohl vorgenommen, in „Hetzjagd“ ein bisschen mit den „einfachen Antworten“ zu spielen, mit dem Topos, dass der Veranstalter eines „Rock gegen Rechts“-Konzertes automatisch auf der Todesliste der „Deutschland erwache“-Fraktion steht. Ein solches Spiel muss man beherrschen, um nicht einen falschen Ton hineinzubringen in ein brisant sein wollendes Politstück, doch Bohn beherrscht es nicht, und so ist dies ein Film geworden, in dem leider nichts, aber auch gar nichts stimmt.

Dass die Mutter der Freundin des Opfers (Valerie Niehaus) ihren Ex-Liebhaber am helllichten Tag niederschießt, ist unwahrscheinlich, noch viel unwahrscheinlicher ist, dass Opfer-„Witwe“ (Anna Herrmann) und Nazibraut (Anne-Marie Lux) einander am Kiosk begegnen und eine Nacht miteinander verbringen, ohne zu wissen, wen sie da jeweils vor sich haben. Dabei wäre das sogar eine Chance gewesen, mal in die Tiefe zu gehen, die Klischees hinter sich zu lassen.

Doch Bohn ist daran nicht interessiert, er bleibt an der Oberfläche, seine eindimensionalen Charaktere geben nur Phrasen von sich. „Er war mit Leib und Seele Demokrat“, darf da der Ex-Geschäftspartner des Toten sagen, und die Kommissarin den Untersuchungshäftling fragen: „Sie töten Menschen, was soll das?“ Ganz zu schweigen vom Dandy vom Verfassungsschutz (Oliver Stritzel). Eine Witzfigur. Gibt es denn keine Redaktion, die ein solches Buch an den Verfasser zurückgibt?

Mag ja sein, dass sich Ulrike Folkerts wohlfühlt als Jeanne d’Arc aus der Vorderpfalz, die stets das vermeintlich Offensichtliche hinterfragt, doch Krimis wie „Hetzjagd“ machen in ihrer gesellschaftskritischen Attitüde mehr kaputt, als dass sie zum Nachdenken anregen. „Stopp, es reicht!“, darf die Ermittlerin am Ende auch noch die Selbstjustiz eines Polizisten vereiteln. „Stopp, es reicht!“ – das gilt eigentlich auch für „Tatorte“ wie diesen aus Ludwigshafen.

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