Wer für die Zukunft und speziell für die Zukunft Europas schwarzsieht, dürfte sich durch diese Serie bestätigt fühlen. Die deutsche Science-Fiction-Produktion „Tribes of Europa“, die ab diesem Freitag auf Netflix zu sehen ist, zeichnet ein apokalyptisches Bild unseres Kontinents. Eine EU gibt es nicht mehr, nach einem Cyberkrieg zwischen den USA und Nordkorea und einem weltweiten Stromausfall sterben Ende des Jahres 2029 Millionen von Menschen. Die Überlebenden finden sich in Mikrostaaten zusammen, die sich gegeneinander abschotten.
Wohin dies führen kann, zeigt die Dystopie der „Dark“-Produzenten um Philip Koch. Jahrzehnte nach dem Ende der EU, wie wir sie heute kennen, kämpfen die verschiedenen Stämme, hier Tribes genannt, um die Vorherrschaft. Im Jahr 2074 kommt es dann zu einem Vorfall, der Europa erneut verändert. Ein Flugobjekt stürzt in den Wäldern ab, in denen die „Origines“ leben. Die machthungrigen „Crows“ sind auf der Suche nach dem Ding, das da vom Himmel fiel, und löschen dafür ganze Dörfer aus.
Im Mittelpunkt der Saga stehen die Geschwister Liv (Henriette Confurius), Kiano (Emilio Sakraya) und Elja (David Ali Rashed), die bei einem Angriff voneinander getrennt werden. Der interessanteste Handlungsstrang spielt in Brahtok, dem früheren Berlin, wo Kiano als Sklave in einer Fabrik arbeiten muss. Dort wird „Crow“-Oberschurkin Varvara (Melika Foroutan) auf den jungen Mann aufmerksam und hält ihn als privaten (Sex-) Diener. Er wiederum hofft, mit Hilfe von Varvara und brutaler Gladiatorenkämpfe in die Freiheit zu gelangen.
Das „Monsterprojekt“, wie es Schauspieler Sakraya nennt, zielt wie fast jede Netflix-Serie auf ein weltweites Publikum. Gedreht wurde (noch vor Corona) in Deutschland, Tschechien, Kroatien und Südafrika. Die Besetzung ist international, immer wieder wird Englisch gesprochen. „Netflix hat eine sehr zeitgemäße Diversitätsklausel, das finde ich gut“, erklärt die im Iran geborene Foroutan („Der Mann mit dem Fagott“, „KDD – Kriminaldauerdienst“). „Zu oft wurde in der Vergangenheit in deutschen Produktionen die Realität ignoriert, dass wir längst ein Einwanderungsland sind.“
Von so viel Einigkeit wie hinter den Kulissen ist in der Serie nichts zu spüren. Die sechs Folgen der ersten Staffel – weitere sind bei guten Abrufzahlen wahrscheinlich – sollen Foroutan zufolge aber die Hoffnung geben, dass die Menschen in der Not doch zueinanderfinden.