Königlicher Zeitvertreib

von Redaktion

Das Erfolgsgeheimnis von „Bridgerton“ bei Netflix ist weniger die Handlung als die Besetzung

Es ist die erfolgreichste Serie, die der Streamingdienst Netflix jemals produziert hat. Innerhalb von 28 Tagen haben etwa 82 Millionen Haushalte die Serie „Bridgerton“ gesehen, sie ließ sogar deren Buchvorlage 18 Jahre nach Erscheinen erstmals auf die Bestsellerliste der „New York Times“ springen. Doch ist der Hype um die Serie, die im Jahr 1813 in der Londoner High Society spielt, tatsächlich begründet?

Um es vorweg zu sagen – nur bedingt, und das Positive ist sicher nicht die Handlung. Kurz gesagt geht es um eine typische Liebesgeschichte, in der sich die junge Daphne Bridgerton (Phoebe Dynevor) in Simon Basset (Regé-Jean Page), den Herzog von Hastings, verliebt. Den lernt sie auf der Suche nach einem Ehemann während der Londoner Ballsaison kennen. Von Ball zu Ball sieht man sie in opulenten Kleidern schweben, und wie bei vielen solcher Serien und Filme ist es klar, dass Daphne als Hauptfigur die begehrenswerteste unter all den edel gewandeten Frauen ist. Klischee, komm raus, du bist umzingelt…

Nach anfänglichem Kennenlernen stellt sich heraus, dass der Herzog gar nicht begeistert ist vom Heiraten und Kinderkriegen. Darum rankt sich natürlich ein Geheimnis, dem Daphne im Laufe der Serie auf den Grund geht, um ihn zu retten und doch noch an sich zu binden.

Gutes Mädchen trifft „Bad Boy“. Ein Konzept, das schon in vielen Büchern, Filmen und Serien Erfolg hatte, aber leider ein wenig abgedroschen ist. Mit ihren jungen Jahren meint Daphne schon alles zu wissen, was die Welt bereithält. Dabei weiß sie nur das, was ihre Mutter ihr den damaligen Zeiten entsprechend beigebracht hat.

Von ihr lernte Daphne, wie sich eine künftige Hausherrin zu verhalten hat, und glaubt damit bestens auf die Ehe vorbereitet zu sein. Erst als sie Gefühle für den Herzog entwickelt, entdeckt sie, dass sich in ihr körperliches Verlangen regt. Ihrer Mutter wirft sie später vor, sie nicht ausreichend aufgeklärt zu haben. Die Handlung greift damit zwar die Rolle der Frau auf und sorgt für manche Wendung in der Liebesgeschichte. Allerdings ist das Geschehen zwischendurch recht langatmig.

Doch was ist es nun, was die Serie so erfolgreich macht? Ein Grund dafür ist wohl der geänderte Quotenparameter von Netflix. Demnach zählt der Streamingdienst bei den Zuschauerzahlen auch diejenigen dazu, die die Serie für nur zwei Minuten geschaut haben. Der zweite Grund ist Produzentin Shonda Rhimes. Sie ist eine Garantin für erfolgreiche Serien. Mit ihrer Produktionsfirma „Shondaland“ ist sie für zahlreiche preisgekrönte Formate wie „Greys Anatomy“ oder „How to get away with Murder“ verantwortlich. Wie bei allen ihren Serien setzt sie auf Diversität.

Das wird auch in „Bridgerton“ deutlich. So sind beispielsweise der Herzog oder die Königin (Golda Rosheuvel als Charlotte) schwarz, und es gibt eine Geschichte um einen homosexuellen Maler. Rhimes mag das Wort Diversität jedoch nicht, stattdessen spricht sie von Normalität und spiegelt in ihren Serien die Menschen so wider, wie sie tatsächlich sind.

An dieser Normalität könnten sich auch andere Serienmacher ein Beispiel nehmen. Besonders in Deutschland, wo etwa Schauspieler mit ausländischen Wurzeln in tragenden und in nicht klischeebehafteten Rollen eine Ausnahme sind – vor allem Schwarze. Diese Normalität, wie Shonda Rhimes sie nennt, ist das Beste an „Bridgerton“.

Ansonsten ist diese Produktion nicht mehr als ein netter Zeitvertreib. Wer also eine Serie schauen und dabei seinen Kopf nicht großartig anstrengen möchte, der liegt mit „Bridgerton“ goldrichtig. LEYLA YILDIZ

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