Stufen einer Radikalisierung

von Redaktion

Der neue „Tatort“ aus Kiel dreht sich am Sonntag um frauenhassende Männer

VON ANDRÉ KLOHN

Am Ufer in Kiel wird die misshandelte Leiche einer Frau gefunden. In unmittelbarer Nähe macht Kommissar Borowski (Axel Milberg) Trampelspuren im Sand aus und bedeckt sie mit Algen. So wird eine „14“ sichtbar, Erkennungssymbol von US-Neonazis. Am Vorabend des Weltfrauentags geht es in „Borowski und die Angst der weißen Männer“, dem neuen Kieler „Tatort“, um militante Frauenhasser. Das Erste zeigt den Film am Sonntag um 20.15 Uhr.

Die junge Frau hat in der Nacht ihres Todes in einem Club gefeiert. Auf der Videoüberwachung stoßen Klaus Borowski und Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) auf den verschüchtert wirkenden Mario Lohse (Joseph Bundschuh), der sich frauenverachtende Videos des Scharfmachers Hank Massmann (Arndt Klawitter) ansieht und im Darknet mit Gleichgesinnten chattet. Schnell gerät Lohse ins Visier der Ermittler, kommt aber wieder auf freien Fuß.

Es geht in diesem Krimi weniger um die Frage, wer die Frau getötet hat, sondern um die Frage, warum der Täter zum Mörder wurde. Der Film von Nicole Weegmann zeigt bedrückend, wie Hassbotschaften wirken können, die durch das Internet verbreitet werden. Der „Tatort“ nähert sich dabei dem Thema aus Sicht der hassenden Männer. „Geisteskranker Schwachsinn“, wie Borowski befindet.

Der norwegische Massenmörder und Rechtsextremist Anders Behring Breivik, aber auch die Attentäter von Christchurch und Halle können der sogenannten „Incel“-Bewegung zugeordnet werden, wie Regisseurin Weegmann sagt: „Bei rechten Attentätern gehört es fast schon ins Portfolio, dass man eben auch antifeministisch ist.“ In Deutschland stehe diese Bewegung bislang noch nicht im Fokus. Ihr Film versuche, die Dimension dieses komplexen Themas aufzuzeigen. „Das in einem Krimi zu verpacken, ist ein Vorteil, da akzeptieren Zuschauer eher ein Thema, das sie emotional sehr herausfordert.“ Für Milberg ist interessant zu beobachten, „wie eine Radikalisierung stattfindet“.

Wegen der Pandemie mussten die Dreharbeiten im vergangenen Jahr für zwei Monate unterbrochen werden. Für Weegmann eine Premiere: „Normalerweise steht man auch krank am Set. Ein Film wird einfach nicht abgebrochen, das geht nicht. Corona war für uns alle eine Ausnahmeerfahrung.“

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