„Oridschinäl“, also „Original“, englisch ausgesprochen, ist ein Zauberwort der Streamingdienste. Man nehme ein paar große Stars, eine weniger berechenbare Story als im deutschen Fernsehen üblich – und fertig ist der Serienhit. Das könnte sich die RTL-Gruppe gedacht haben, als sie den Vierteiler „Unter Freunden stirbt man nicht“ mit Iris Berben, Adele Neuhauser, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn und Walter Sittler in Auftrag gab. Die schwarzhumorige Reihe ist eine Adaption der israelischen Serie „Stockholm“ nach dem gleichnamigen Roman von Noa Yedlin. Seit Dezember ist sie beim Streamingdienst TV Now zu sehen (wir berichteten), jetzt kommt sie ins lineare Fernsehen. Der Privatsender Vox zeigt sie heute und am kommenden Mittwoch in zwei eineinhalbstündigen Doppelfolgen jeweils um 20.15 Uhr.
Erstklassig besetzt und erstaunlich lustig, ist die Produktion von Autor Claudius Pläging und Regisseur Felix Stienz eine Empfehlung für alle, die mit eher makabren Geschichten etwas anfangen können. Der überraschende Tod ihres Lebensgefährten Hermann (Sittler) erschüttert Buchhändlerin Annette (Neuhauser). Sie findet ihn im Bett und fragt verdutzt:„Bist du tot? “ Dann ruft sie ihre besten Freunde Ella (Berben), Friedrich (Wittenborn) und Joachim (Lauterbach) herbei und ist verzweifelt.
Besonders tragisch ist der Todesfall, weil Lebemann Hermann als heißer Favorit für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt wird. Um seine Chancen auf den hoch dotierten Preis zu wahren, der nur an Lebende gehen kann, beschließen die vier, den Tod des Freundes zu vertuschen – also zumindest bis zur Verkündung des Preisträgers fünf Tage später. Das artet in Slapstick aus, denn die Leiche muss versteckt und bewacht werden, dauernd droht Entdeckung. Die vier Folgen sind nach den vier Hauptcharakteren benannt und enthüllen nach und nach Details der Vorgeschichte.
Dass die Macher Michael Wittenborn und Heiner Lauterbach für diese Produktion zusammengespannt haben, ist kein Zufall, glänzten die beiden doch neben Gisela Schneeberger in Ralf Westhoffs Altachtundsechziger-Komödie „Wir sind die Neuen“. Neben Wittenborns trotteligem Professor und Lauterbachs gut situiertem Möchtegern-Dichter zeigen vor allem Adele Neuhauser und Iris Berben ihr komisches Talent. Berben gibt hervorragend die reife Sexbesessene, und Neuhauser tappt in ein Fettnäpfchen nach dem anderen.
Die Serie biete „alles an Situationskomik, an schwarzem Humor, an Leidenschaft, an traurigen Momenten, was das Leben so hergibt“, schwärmt die 62-Jährige, einem großen Publikum vor allem als Bibi Fellner aus dem Wiener „Tatort“ bekannt. Denn „dass es nicht so einfach ist, einen Todesfall zu verschweigen, kann man sich erst mal gar nicht vorstellen“. Für die Schauspielerin ist „Unter Freunden stirbt man nicht“ vor allem eine Hommage an die Freundschaft in einer Extremsituation. Allerdings: „Man muss Freunde und eine Freundschaft auch hegen und pflegen. Das habe ihr Vater großartig gemacht, und deshalb „Freunde über den Tod hinaus“ gehabt. Anders als ihre Mutter: „Sie war ziemlich vereinsamt am Ende ihres Lebens.“ Sie habe selbst keine Angst vor dem Tod, so die Schauspielerin, die vor fünf Jahren innerhalb weniger Wochen Mutter und Bruder verlor: „Schlimmer ist es zurückzubleiben.“
„Unter Freunden stirbt man nicht“ verleiht dem schweren Thema Tod die notwendige Leichtigkeit, die vier Folgen erzählten „mit wunderbaren Dialogen und hohem Tempo auf unterhaltsame Weise von Freundschaft, Liebe, Leid und Leidenschaft, dass einem das Herz aufgeht“, fand die Kritikerin unserer Zeitung beim Start auf TV Now. Veredelt wird die Produktion durch Gastauftritte unter anderen der Literaturkritikerin Elke Heidenreich, des Fernsehmoderators Steffen Hallaschka und durch Neuhausers „Tatort“-Kollegen Harald Krassnitzer, der den Ex-Mann von Berbens Figur spielt.