Captain, mein Captain

von Redaktion

„Raumschiff Enterprise“-Legende William Shatner feiert heute seinen 90. Geburtstag

VON ZORAN GOJIC

Ach, William Shatner, Ihnen verzeihen wir alles. Grottenschlechte Billigfilme, tendenziell peinliche Selbstbeweihräucherung in Ihren Büchern und ja, sogar Ihre Pop-Platten. Sie sind und bleiben der Held unserer Kindheit und Jugend. Ein begnadeter Hallodri, der nie ein Problem mit Captain Kirk hatte. Anders als etwa sein „Star Trek“-Kompagnon Leonard Nimoy, der lange damit haderte, mit Spock gleichgesetzt zu werden. Shatner musste sich für seine Paraderolle nie sonderlich verstellen. Ein etwas großspuriger Bruder Leichtfuß, dem man wegen seines Talents zur Selbstironie vieles nachsah, selbst wenn er inmitten einer galaktischen Raumschiffschlacht einem weiblichen Besatzungsmitglied länger hinterher blinzelte, als es sich ziemt.

Shatner, 1931 als Sohn jüdischer Immigranten aus Osteuropa in Montréal geboren, kokettiert, obwohl schon seit Ewigkeiten in den USA sesshaft, gerne mit seiner Herkunft aus der polyglotten, entspannten kanadischen Provinz Québec, in der Genuss erste Priorität hat. Diese Haltung hat sich Shatner bewahrt, sehr zum Leidwesen der Kostümbildner aus „Star Trek“, die dem Lebemann irgendwann eine Art Kimono umhängten, weil sie keine Lust mehr hatten, die Uniformen seinem volatilen Körpervolumen anzupassen.

Seine Schauspielkollegen trieb er vor der Kamera mit willkürlich langen Pausen mitten im Satz in den Wahnsinn. Captain Kirk, Shatners berühmteste Schöpfung, ist längst eine Sagengestalt der Popkultur, die sich von der Originalserie und den Filmen gelöst hat. Sogar Horrorfilm-Fetischisten kennen Shatners Gesicht: In „Halloween“ trägt der irre Messerschlitzer eine Captain-Kirk-Maske. Shatners Kommentar: Er sollte mal an Halloween mit der Maske herumlaufen und sehen, was passiert wenn er sie abnimmt. Es ist reichlich aussichtslos, sich über die zahlreichen Flops zu mokieren, in die Shatner in seiner mittlerweile 70-jährigen Laufbahn geraten ist – er macht die besten Witze darüber immer selbst.

Nachdem 1969 die letzte Episode des „Raumschiffs Enterprise“ ausgestrahlt war (die Serie galt zu Anfang als Reinfall), lebte Shatner im Wohnwagen und kam tagelang nicht mehr aus dem Bett. Aufgegeben hat er dennoch nie und ist doch noch reich und berühmt geworden. Für seine Ausdauer und seinen Optimismus wurde er 2002 mit seiner mutmaßlich schönsten Szene belohnt. In der Komödie „Showtime“ darf Shatner zu Edelmime Robert De Niro sagen: „Sie sind der schlechteste Schauspieler, den ich je gesehen habe.“ Nur Shatner konnte das mit diesem unverschämt verschmitzten Ausdruck tun, der verrät: Ich habe gerade noch mehr Spaß als ihr. Nun feiert unser aller Captain seinen 90. Geburtstag und gibt uns Nachgeborenen eine Weisheit mit – aus dummen jungen Männern werden dumme alte Männer. Ach, William Shatner, vielleicht ist er doch der Größte.

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