Im Unruhestand

von Redaktion

PORTRÄT Der Regisseur und Produzent Roger Corman, König der Kultfilmer, feiert seinen 95. Geburtstag

VON MARCO SCHMIDT

Er gilt als König der Kultfilmer und Papst des Popcorn-Kinos: Der Regisseur und Produzent Roger Corman wurde berühmt durch billig fabrizierte, aber handwerklich hochwertige Kinofilme, darunter acht Edgar-Allan-Poe-Adaptionen mit Vincent Price. Die legendäre Komödie „Litte Shop of Horrors“, die Vorlage für das gleichnamige Erfolgsmusical, drehte er in nur zwei Tagen und einer Nacht in einer ungenutzten Studiokulisse – mit dem blutjungen Jack Nicholson in der Rolle eines masochistischen Zahnarzt-Patienten. Corman besuchte nie eine Filmschule, sondern kam nach einem Ingenieurstudium durch diverse Jobs bei Filmstudios zur Regie. Bis heute produzierte er über 400 Filme, darunter mehr als 50, die er selbst inszenierte. „Es gab Zeiten“, erinnert er sich, „da drehte ich tagsüber einen Film, plante in der Mittagspause meinen nächsten, schnitt abends meinen vorangegangenen und dachte dann: Heute Nacht muss ich besonders schnell schlafen!“

Seine Streifen tragen oft aufschlussreiche Titel wie „Das Grauen aus der Tiefe“, „Dinoshark“ oder „Piranhaconda“. Doch Corman hat nicht nur ein Faible für furchterregende Fabelwesen – er befasste sich auch mit menschlichen Monstern: In seinem Kinodrama „Weißer Terror“ von 1962, einem der ersten US-Filme, die den Rassenhass thematisierten, verkörperte der damals noch unbekannte William Shatner, der später als Raumschiff-Enterprise-Kommandant berühmt wurde, einen rassistischen Kotzbrocken. Mit seinen oft provokanten, subversiven Filmen war Corman immer wieder am Puls der Zeit. So schuf er 1966 mit „Die wilden Engel“ den ersten Biker-Film – mit dem Newcomer Peter Fonda als Anführer einer „Hell’s Angels“-Bande.

Neben Stars wie Nicholson, Shatner und Fonda, Dennis Hopper, Sylvester Stallone und Charles Bronson verdanken auch viele Meisterregisseure Corman ihre Karriere, darunter die Oscar-Preisträger Martin Scorsese, James Cameron, Ron Howard, Jonathan Demme sowie Francis Ford Coppola. So kaufte Corman Ende der Fünfzigerjahre die Rechte an einigen russischen Science-Fiction-Filmen, um sie für den US-Markt zu bearbeiten. „Ich ließ anti-amerikanische Propaganda herausschneiden und neue Szenen einfügen“, erklärt er. „Dafür suchte ich mir unter den Filmstudenten in L.A. den besten Cutter – und fand einen jungen Kerl namens Coppola. Er wurde mein Assistent.“ Und James Cameron, der sich die ersten Sporen als Modellbauer für Cormans Sci-Fi-Produktion „Sador – Herrscher im Weltraum“ verdiente, erzählte später: „Ich habe mein ganzes Handwerk auf der Roger-Corman-Filmschule gelernt.“

2009 bekam Corman den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk, was ihn jedoch keineswegs davon abhielt, weiterzuarbeiten. Der umtriebige Unruheständler, der am Ostermontag 95 Jahre alt wird, ist dabei seiner Linie treu geblieben: In den vergangenen Jahren produzierte er vor allem abenteuerliche Actionkomödien wie „CobraGator“ oder „Sharktopus vs. Whalewolf“.

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