Blumenkavalier mit Baseballschläger

von Redaktion

„TATORT“-KRITIK Ein Bösewicht, wie er im Buche steht, macht den Odenthal-Krimi sehenswert

VON RUDOLF OGIERMANN

Ein Mord im „Späti“, der von einem bunten Publikum besucht wird – und jeder Kunde kann der Täter sein. Schnell ist klar, dass es in diesem Krimi nicht im engeren Sinn um Politik geht. Zum Glück, denn an den beiden zurückliegenden Fällen, vor allem an „Hetzjagd“ über rechte Gewalt, haben sich die Macher des Ludwigshafener „Tatort“ (ARD) schlimm verhoben. Klassische Ermittlungsarbeit ohne Statements über die Schlechtigkeit der Welt oder der Gesellschaft liegt Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johana Stern (Lisa Bitter) mehr.

Trotzdem ist „Der böse König“ sehr konventionell gebaut – zumindest in der ersten Stunde. Da wird (mit Kamera) verhört und die Aufnahme anschließend analysiert, das Geschehen konzentriert sich auf zwei Verdächtige. Richtig nahe kommt Autor und Regisseur Martin Eigler den beiden lange nicht. Damit korrespondiert die Kamera, die dem Zuschauer kein Augenfutter bieten kann. Auch die Dialoge der Ermittlerinnen klingen zeitweise wie aufgesagtes Lexikonwissen.

Es ist dem Charisma Christopher Schärfs zu verdanken, dass dieser Krimi in der letzten halben Stunde doch noch den Thrill entwickelt, den man von einem guten „Tatort“ erwartet. Sein Anton „Antoine“ Maler ist ein krankhafter Narzisst, der sich von Minute zu Minute mehr zur tickenden Zeitbombe entwickelt, Äußerlich eine Art deutscher Johnny Depp, scheint Schärf, der Loser mit dem großen Ego, nach und nach nicht nur seine „Feinde“, sondern das gesamte Geschehen unter Kontrolle zu bringen. Das omnipräsente Böse.

So provoziert er zum guten Schluss sogar überdurchschnittliche Leistungen von Folkerts und Bitter. Nicht schlecht, für Ludwigshafener Verhältnisse.

Artikel 3 von 3