Henning Baum hat so oft den Polizisten gespielt, dass er selbst als Zivilist in einem Trupp Uniformierter kaum auffällt. Immerhin 60 Mal spielte der stämmige Schauspieler zwischen 2010 und 2014 in der Sat.1-Serie „Der letzte Bulle“ den Ermittler Mick Brisgau, der nach 20 Jahren im Koma mit seinem nicht mehr zeitgemäßen Machotum überall aneckt. Sehr einfühlsam hingegen hat der 48-Jährige jetzt den Alltag echter Bereitschaftspolizisten begleitet.
Baum steht mit ihnen zwischen den Fronten einer „Querdenker“-Demo. Er sitzt mit ihnen am Küchentisch. Er gewinnt überraschende Einblicke in den Alltag von Menschen, die nur ihren Job machen wollen, dabei aber oft kritisiert werden. Schlimmer noch – sie sind häufig Ziel von blinder Wut. „Einsatz für Henning Baum“ läuft heute um 20.15 Uhr im Rahmen eines RTL-Themenabends.
Einer, der für viele andere steht, ist Philipp (30) und seit neun Jahren in seinem Traumjob. Inzwischen ist er Gruppenführer. Als Baum bei ihm zu Hause vorbeikommt, bittet ihn der Polizist, jeden Hinweis auf die Adresse zu meiden. Er finde erschreckend, was ihm an Hass begegne, sagt der gestandene Beamte. „Erschreckend in dem Sinne, dass ich, nur weil ich eine Uniform anhabe und meine Arbeit mache, zur Zielscheibe werde. Und dass dann geschaut wird: Wo wohnt der jetzt? Was fährt er für ein Auto? Kann ich ihm die Radmuttern locker drehen?“
„Wir haben Neujahr in der Notaufnahme verbracht, weil er am Connewitzer Kreuz auch dabei war und mit angegriffen wurde“, sagt Ehefrau Steffi. Ein Knalltrauma. Die Silvesterkrawalle haben traurige Tradition. Nicht nur von linken Demonstranten geht Gewalt aus, auch von Rechten kommt purer Hass. „Wir sind das Grundgesetz. Wofür seid ihr?“, brüllt eine „Querdenkerin“ bei einer Demo von 20 000 Corona-Leugnern in Leipzig.
Philipp und sein Trupp haben den Auftrag zu deeskalieren. Ein Kurs, den die Demonstranten zuweilen missverstehen. Erst umstellen die Polizisten einen laut trommelnden Haufen, um Personalien aufzunehmen, dann müssen sie dieses Vorhaben aber aufgeben. Man sei auf „relativ viel Widerstand“ in der Gruppe gestoßen – im Rahmen der Deeskalationsstrategie „nicht zielführend“, sagt der Beamte. „Unsere oberste Priorität war heute, friedlich aufzutreten.“ Die wütenden „Querdenker“ jubeln hingegen.
Der Gruppenführer hat die Strategie nicht entworfen, aber er setzt sie konsequent um und lotst eine Menschentraube erfolgreich aus der City. Doch sind die 3200 Polizisten im Einsatz am Tag danach die Buhmänner der Nation. Grünen-Chef Robert Habeck spricht von einem „potenziellen Superspreadingereignis“. In seinen Augen „wirkte und agierte“ die Polizei „überfordert“. Augenzeuge Baum sieht das anders. „Die Polizei hat eigentlich besonnen gehandelt. Aber die Polizei scheint irgendwie immer alles falsch zu machen. Entweder wirft man ihr vor, dass sie zu hart vorgeht …“ Baums Kameramann ergänzt: „… und wenn sie deeskalierend auf die Sache eingehen, sind sie zu lasch.“ Wer aber hilft den „Freunden und Helfern“, wenn es hart auf hart kommt? Ex-Polizist Jürgen Röhr wurde vor knapp 20 Jahren bei einem Schusswechsel verwundet und musste 20 Operationen über sich ergehen lassen. Heute ist er als Seelsorger für Polizisten da. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes weiß aus eigener Erfahrung, dass der Einsatz der Waffe auch an den Beamten nicht spurlos vorbeigeht.
Seit Jahren steigt die Zahl der Angriffe auf Polizisten rasant. Woher kommt diese wachsende Gewaltbereitschaft? Henning Baum geht diesen Fragen nach.