Thomas Gottschalk hat einen Hang zum Nostalgischen. Er denkt gern an gute alte Zeiten zurück, ist der Musik bis heute treu geblieben, die er als junger Mann schon geliebt hat (Status Quo!), und Ausschnitte aus seinen Anfängen beim Radio zaubern ihm immer ein ganz versonnenes Lächeln ins Gesicht. Aus der Lust an der Erinnerung macht der 70-Jährige nun eine ganze Show. „Gottschalk feiert: Nochmal 18!“ lautet ihr Titel, heute um 20.15 Uhr läuft die erste Folge im SWR (und ist danach in der Mediathek abrufbar).
Zu Thommys ersten Gästen gehört die Schauspielerin Jutta Speidel. Im Gespräch mit unserer Zeitung reist die 67-jährige Münchnerin schon heute in die Vergangenheit und schwärmt unter anderem von den wilden Siebzigern und ihrer Fahrt mit Gulliver nach Positano…
Reisen Sie gern in die Vergangenheit?
Eigentlich nicht (Lacht.) Ich bin eher der „Heute, Hier und Jetzt“-Typ. Ich habe auch furchtbar viel vergessen.
Aber für die Sendung mussten oder wollten Sie sich dann doch erinnern…
Ja, ich finde die Idee zauberhaft, und die Sendung ist sehr liebevoll gemacht. Die haben wirklich viel ausgegraben über mich, und dann ist mir das eine oder andere auch wieder eingefallen.
Im Mittelpunkt der Show steht der 18. Geburtstag. Wie haben Sie Ihren gefeiert?
Das weiß ich tatsächlich nicht mehr. Vielleicht auch deshalb, weil ich zu der Generation gehöre, die 21 werden musste, um volljährig zu sein. Das einzige Privileg, das wir damals mit 18 hatten, war, dass wir den Führerschein machen durften.
Und das Angebot haben Sie gleich angenommen?
Ja, ich habe in der Tat zu meinem 18. Geburtstag den Führerschein gehabt. Und einen Motorrad-Führerschein gleich noch mit. Mein Vater hatte so einen wunderschönen alten Roller, und ich hatte mir sehr gewünscht, dass er mir den zum 18. schenkt.
Aber?
Er hatte Schiss – und hat den Roller kurz vor meinem Geburtstag verkauft. Aber ich habe damals schon gedreht, ein bisschen Geld verdient und konnte mir dann ein – natürlich gebrauchtes – Auto für 450 Mark kaufen. Ein himmelblaues VW-Cabrio. Ich habe ihn Gulliver getauft. Von „Gullivers Reisen“.
Wohin ging Ihre erste Reise?
Ob es die erste war, kann ich nicht mehr genau sagen, aber ich bin mit ihm bis nach Positano gefahren.
Bei all den Reisen – wir reden über die Zeit Anfang der Siebziger. Da war doch auch in München eine Menge los.
Ja, das stimmt. Aber ich war in dieser Schwabinger Szene, die Sie wahrscheinlich meinen, nicht so drin, hatte sogar ein bisschen Angst, in diesen Rauschgiftkreisen zu landen. Das war überhaupt nicht mein Ding. Ich lebte damals in Gauting, wohlbehütet im gut bürgerlichen Elternhaus. Nicht im Herzen, aber von der Erziehung her war ich ein bisschen landpomeranzig. Die wilden Zeiten habe ich erst später nachgeholt (Lacht.)
Senta Berger hat unlängst in einem Interview von sexuellen Übergriffen am Set erzählt, sie bezog sich auf die Sechzigerjahre. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wir haben alle Zeiten erlebt, in denen sich Regisseure oder Kollegen sehr schlecht Kolleginnen gegenüber benommen haben. Es gab sogar eine Welle bei Regietheater und Film, da war es richtig Methode, als Regisseur die Schauspieler zu „brechen“, um sie dahin zu kriegen, wo man sie haben will. Eine ganz miese Nummer, die sich aber damals durch die gesamte Branche gezogen hat. Und es gab natürlich immer gewisse Leute, vor denen man einen Riesenrespekt hatte. Dazu gehörte auch Dieter Wedel zum Beispiel. Ich selbst bin aber nie Opfer gewesen. Von niemandem! Damals nicht und heute schon gar nicht. Wenn ich in so „Situationen“ war – mit Kollegen oder auch Produzenten – dann habe ich die angeschrien und mich gewehrt. Und die Senta hat sich auch gewehrt. Aber es gibt Frauen, die zugelassen haben, was sie nicht wollten, weil sie sich davon etwas erhofft haben. Das hätte mein Stolz nicht erlaubt.
Bis heute drehen Sie nur das, was Sie wollen.
Ja, und ich habe das Glück, dass ich noch gefragt bin und Rollen angeboten bekomme, die immer ein bisschen außergewöhnlich sind.
Gespräch führte Stefanie Thyssen.