Lanz kann’s

von Redaktion

Vom Plauderer zum Polit-Talker – Die erstaunliche und erfolgreiche Wandlung des ZDF-Moderators

VON STEFANIE THYSSEN

Gegen Zahlen hat man es immer schwer. Selbst diejenigen, die überhaupt nichts übrig haben für Markus Lanz, müssen zugestehen: Der 52-Jährige hat einen Quoten-Lauf. 2019 schalteten im Schnitt 1,4 Millionen Zuschauer seine Talkshow im ZDF ein. 2020 waren es 1,8 Millionen. Und heuer erreicht Markus Lanz bislang über zwei Millionen Zuschauer pro Sendung.

Bemerkenswert ist, dass die Entwicklung der Quote mit einer inhaltlichen Veränderung einhergeht. Galt Lanz viele Jahre als netter Plauderer, der mit seinen Gästen gut und gern über deren neue Bücher redete, hat er sich zum echten Poli-Talker gemausert. Zeitlich korreliert das wiederum mit dem Beginn der Coronakrise. Als es kaum ein anderes Thema gab als die Pandemie, sprang Lanz auf den Zug auf. Karl Lauterbach war so oft bei ihm zu Gast, dass manche schon scherzten, die beiden seien gegenseitig die eine erlaubte Kontaktperson außerhalb des eigenen Hausstands.

Lanz macht seine Sache jedenfalls so gut, dass es öfter als „Hast Du Maybrit Illner oder Anne Will gesehen?“ morgens im Büro heißt: „Hast Du Lanz gesehen?“. Und das nicht erst, seit der mit dem inzwischen gekürten Kanzlerkandidaten der Union Armin Laschet ein Interview führte, das, wie der Spiegel formulierte, einem Stierkampf glich. Nun kann man darüber streiten, ob das wirklich ein Kompliment ist (Markus Lanz hat es sicher als solches genommen). Was der Südtiroler aber öfter schafft als seine Kollegen, ist die Entlarvung. Man muss das nicht mögen, wie der Vater dreier Kinder auf seinem Stuhl hin- und herkippelt, erst nach vorn, dann wieder zurück, sich oft auch noch die Hände an den Hosenbeinen reibt und dann, dem Gast sehr zugewandt, eine Frage stellt. Aber – es funktioniert. Lanz kratzt an der Fassade seiner Gegenüber und legt offen, wie ein Politiker die Fassung verlieren kann. Man fragte sich, um beim Beispiel zu bleiben, wie Armin Laschet je mit einem Kaliber vom Schlage Putins klarkommen will, wenn er schon den (Stier)-kampf gegen einen TV-Talker verliert.

Was Markus Lanz auszeichnet, ist seine exzellente Vorbereitung. Er ist ein News-Junkie, verfügt über ein großes Allgemeinwissen, hinzukommt ein starkes Team. Je nach Anzahl der Gäste sind vier bis sechs Redakteure an einer Sendung beteiligt, die ihrem Moderator alle Informationen liefern, die er braucht. Warum fällt es nun Vielen trotzdem schwer, Lanz zu mögen? Man könnte ihn doch ohne Groll feiern für das, was er kann. Für seine Beharrlichkeit, seine konkreten Nachfragen, für seine ehrliche Empörung über politische Versäumnisse in der Coronazeit. Man tut vielleicht nicht, weil Lanz eben nicht nur fragt, sondern mitunter auch antwortet. Manchmal hat man den Eindruck, er würde sich am liebsten selbst in seine Sendung einladen, um all die schlauen Sachen loszuwerden, die sich in seinem Kopf tummeln. Das ist eitel – und einer Anne Will zum Beispiel fremd, weil es sich mit ihrem journalistischen Selbstverständnis nicht verträgt. Markus Lanz stört das offenbar nicht. Und der Erfolg gibt ihm Recht.

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