Nachwuchsdarstellerin im Doppelpack

von Redaktion

Johanna Polley spielt am Wochenende sowohl im ZDF-Samstagskrimi als auch im ARD-„Tatort“ am Sonntag

VON MARCO KREFTING

Wer das Wochenende mit Fernsehkrimis in den Öffentlich-Rechtlichen verbringt, wird wahrscheinlich auf Johanna Polley aufmerksam. Jeweils zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr ist die 28-jährige Berlinerin am Samstag in „Herr und Frau Bulle“ (ZDF) und am Sonntag im Schwarzwald-„Tatort“ (ARD) zu sehen. Mal als Angestellte einer Spielhalle, mal als Enkelin in einem Erbstreit. „Ich finde das auf jeden Fall ziemlich besonders“, sagt Polley, die bislang etwa im ZDF in „Der Kriminalist“ ermittelte.

Möglich macht das die Programmplanung der Sender. Ein Zufall, der hin und wieder vorkommt. So war Anne Ratte-Polle im Januar parallel im Ersten („Sörensen hat Angst“) und im ZDF („Marie Brand“) zu sehen. Polley bringt dieser Zufall Aufmerksamkeit, die vielleicht wichtigste Währung in ihrer Branche. „Es ist auf jeden Fall eine gute Werbung für den Herbst“, sagt sie. Dann stünden wieder Castings an.

Nach Einschätzung von Marc Schötteldreier, stellvertretender Vorstand des Bundesverband Casting, ist gerade eine Rolle im „Tatort“ etwas Besonderes, vor allem für junge Schauspieler. „Dann sehen dich mal eben zehn Millionen Menschen.“ Solche Rollen zögen häufig auch Preise – oder zumindest Nominierungen – nach sich. Auch Hans-Werner Meyer vom Bundesverband Schauspiel sagt: „Eine gute Episodenrolle im ,Tatort‘ ist immer eine gute Sache.“ Auch wenn man öfter in kurzer Zeit zu sehen sei, könne das hilfreich sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Dafür gebe es aber keine Garantie.

Schon öfter haben Nachwuchstalente gerade nach einer prominenten „Tatort“-Rolle Karriere gemacht. Schötteldreier nennt als Beispiele Ruby O. Fees Auftritt als Mordverdächtige in der Stuttgarter Folge „Happy Birthday, Sarah“ (2013). Nora von Waldstätten und Florian Bartholomäi fielen im 2009 im Bodensee-„Tatort“ „Herz aus Eis“ auf, als sie skrupellose Internatsschüler spielten. Meyer hält das Wort vom Durchbruch für „mystisch überladen“. „Es ist heute nicht mehr so, dass man durch eine Rolle eine herausragende Stellung bekommt, die man nicht mehr verlieren könnte“, sagt er. Es brauche ständige Aufmerksamkeit.

So könnte das Wochenende Polley nutzen. Einige Castings hat sie hinter sich und wartet nun, was daraus wird. Im Lockdown habe sie im Moment viel Zeit. Gefragt nach Figuren, die sie gerne mal spielen würde, nennt Polley jemanden wie Mathematikerin Ada Lovelace als Beispiel, die als erste Programmiererin der Welt gilt. „Das fände ich cool“, sagt sie. Auch bezüglich der beiden Krimis erzählt Polley vor allem von den Kolleginnen, deren unterschiedliche Arbeitsweisen sie beobachte, um davon zu lernen: „Das finde ich so interessant zu sehen, dass mir das schon Geschenk genug ist.“

Die verantwortliche SWR-Redakteurin Katharina Dufner verrät, gerade beim Schwarzwald-„Tatort“ setze der Sender auf neue Gesichter – unabhängig vom Alter. Die Caster suchten auch schon mal gezielt am Theater. „Oft ist es ja gerade reizvoll, dass jemand Bekanntes auf jemanden weniger Bekannten trifft“, sagt Dufner. Außerdem könne sich der Zuschauer besser auf das Geschehen konzentrieren, wenn der Wiedererkennungswert nicht so groß sei oder ein Darsteller sehr mit einer bestimmten Rolle verbunden werde.

Als nächstes Projekt kann sich Polley so ziemlich alles vorstellen – Fernsehen, Kino, Streaming oder Youtube. Auch die anderen Branchenexperten sehen da keinen großen Unterschied. Das Fernsehen sei zwar noch das dominante Medium, sagt Schauspieler Meyer. „Aber Netflix ist eine harte Konkurrenz.“ Und anders als früher gebe es inzwischen so viele Sender, Streamingplattformen und Formate, dass ein Überdruss an einzelnen Schauspielerinnen oder Schauspielern unwahrscheinlich geworden sei, da ein Ausweichen so leicht gemacht wird.

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